Wir Deutschen finden Italien, von seinen Stränden abgesehen, dort am schönsten, wo die Erbsubstanz aus Mittelalter, Renaissance, Barock imponierend fortbesteht. Zumal die Küche gleichfalls auf Tradition hält. Doch selbst in Neapel oder Rom ernähren sich die Menschen nicht allein von Saltimbocca oder Ossobuco alla milanese. Dem Eiligen kommt auch hier das Schnellrestaurant an der Ecke gerade recht. Städte sind keine Museen. Nun aber will Florenz der Ausbreitung von McDonald's-Filialen Grenzen setzen. Neun gibt es in der Stadt schon; Nummer zehn plant die Kette am Domplatz, wo sie Sitz- wie Laufkunden unter anderem mit toskanischen Spezialitäten stärken will. Bürgermeister Dario Nardella stimmte zu - zog damit allerdings im Sommer einen Shit-storm auf sich. Und knickte ein: "Weder jetzt noch irgendwann" soll ein banaler US-Imbiss das Weltkulturerbe rund um die Kathedrale Santa Maria del Fiore mit Filippo Brunelleschis markanter Riesenkuppel herabwürdigen. Dass man mit einem Goliath aus den prozessfreudigen Staaten derlei Possen nicht treibt, erfuhr der Politiker jetzt: Auf 17,8 Millionen Dollar Schadenersatz hat Mc-
Donald's seine Stadt verklagt. Verständnis dafür breitet sich unter jenen Florentinern aus, die es aufgegeben haben, sich über die Geschwader der Andenken- und Fast-Food-Stände auf dem Domplatz zu empören. "Auf traditionellen Herstellungsverfahren und auf der regionalen Küche basierendes, naturbelassenes Essen, das in Ruhe und mit Bedacht verzehrt wird": So lautet die Duden-Definition für Slow Food, das, so gesehen, ins Herzzentrum alter Städte besser passt. Aber verdankt sich, was wir als unverwechselbares "Flair" des Südens genießen, nicht gerade der Gleichzeitigkeit von Geschichte und modernem Leben, Erhabenheit und Alltag? Keiner verlangt von den Einwohnern Veronas oder Venedigs, auf Motoren oder elektrische Leuchten zu verzichten, weil wir Pferdewagen im Fackelschein womöglich lieber sähen.