München - Zur Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge sollen in Bayern im ersten Schritt alle vorhandenen Kapazitäten in Asylunterkünften und Übergangswohnheimen genutzt werden. „In einem weiteren Schritt sind zusätzliche Plätze in der Anschlussunterbringung wie auch bei den Übergangswohnheimen zu schaffen. Hierbei ist das gesamte Instrumentarium zu nutzen wie Neuanmietungen oder Containerbauten“, teilte die Staatskanzlei am Mittwoch nach einer Sitzung des Kabinetts in München mit.
„Ergänzend hierzu kann in akuten Notsituationen bei hohem Fluchtgeschehen auf Sporthallen, leerstehende Gebäude und Traglufthallen zurückgegriffen werden“, hieß es. „Bayern ist ein Bundesland. Wir versuchen aber im Rahmen unserer Möglichkeiten einen Beitrag zu leisten“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Sitzung. Er betonte, er sei beeindruckt von der Hilfsbereitschaft der Menschen im Land. „Wir werden unseren Beitrag leisten.“ Auch die Krankenhäuser im Land würden sich auf die Aufnahme von Flüchtlingen vorbereiten.
Darüber hinaus beschloss das Kabinett die kostenlose Lieferung von Corona-Schutzausrüstungen an die Ukraine und deren Nachbarländer, darunter Moldau und Slowakei. Unter den Waren im Wert von 500.000 Euro seien auch andere angeforderte Hilfsgüter wie medizinische Artikel, Decken und Matratzen aus dem Bestand des Pandemielagers.
Herrmann rechnet mit 50.000 ukrainischen Flüchtlingen in Bayern
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann rechnet in den kommenden Tagen und Wochen mit der Ankunft von bis zu 50.000 ukrainischen Flüchtlingen in Bayern. „Wenn es weniger werden sollten, ist es sicherlich kein Schaden. Aber darauf müssen wir uns einstellen“, sagte der CSU-Politiker am Mittwoch nach der Sitzung des Kabinetts.
Es wäre schlecht, wenn sich der Freistaat und die Kommunen „auf zu wenige“ vorbereiten würden. In den Asylunterkünften des Landes stünden derzeit noch „einige wenige tausend Plätze in den Flüchtlingsunterkünften zur Verfügung, sagte Herrmann. Die vorhandenen Plätze sollten in jedem Fall maximal ausgeschöpft werden.
Aiwanger rechnet wegen Krieg zeitnah mit stillgelegten Fabriken
Wegen des Krieges in der Ukraine werden laut Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger in den nächsten Tagen auch Fabriken und Werke in Bayern ihre Arbeit einstellen müssen. „Es werden Werke stillgelegt oder können nicht auf Volldampf fahren“, sagte der Freie-Wähler-Chef am Mittwoch nach der Kabinettssitzung.
Als Beispiel nannte er fehlende Kabelbäume für die Autobauer, die normalerweise aus der Ukraine geliefert würden. Auch sei schon jetzt spürbar, dass Lastwagenfahrer fehlten, weil sie in den Krieg ziehen müssten. BMW hatte bereits am Dienstag angekündigt, dass es wegen Lieferengpässen zu Produktionsunterbrechnungen in deutschen und europäischen Werken kommen werde.
Söder: Versorgung lieber durch Kernenergie sichern als durch Kohle
Markus Söder will angesichts des Kriegs in der Ukraine die Energieversorgung lieber durch Kernenergie sichern als durch Kohlekraftwerke. Ein längerer Betrieb der verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland könne für einen „kurz begrenzten“ Zeitraum „sehr helfen“, sagte Söder am Mittwoch weiter. Es sei ihm lieber, die Laufzeit von Atomkraftwerken für drei bis fünf Jahre zu verlängern als die von Kohlekraftwerken, betonte Söder.
Er halte auch eine Verlängerung der Laufzeit für das Atomkraftwerk Isar 2 im niederbayerischen Essenbach für möglich. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuvor nicht ausgeschlossen, dass Kohlekraftwerke in Deutschland länger laufen müssen, um das Land energiepolitisch unabhängiger von Russland zu machen. Die Versorgungssicherheit müsse gewährleistet sein, sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch im Deutschlandfunk.
Söder: Finanzielle Anreize für Soldaten besser als neue Wehrpflicht
Anreize statt Zwang: Söder hält zudem nichts von einer Neuauflage der allgemeinen Wehrpflicht oder der Einführung einer Dienstpflicht bei der Bundeswehr. „Zum einen ist es verfassungsrechtlich ein Problem“, sagte er am Mittwoch weiter nach der Sitzung des Kabinetts. Es sei auch verfassungsrechtlich schwierig eine allgemeine Dienstpflicht umzusetzen, wenn viele Menschen bereits mit der Umsetzung einer Corona-Impfpflicht ein Problem hätten.
Er glaube auch nicht, dass es genügend Aufgaben gebe, um alle jungen Menschen für ein Jahr zum Dienst zu zwingen, sagte Söder. Zudem sei er dagegen die jungen Menschen nach zwei Jahren Corona „zusätzlich zu verunsichern“.