Warum bricht er nicht aus?
Das deutsche Feuilleton, so Laufenberg weiter, fordere die komplette Übermalung des eigentlichen Werks, das Stück dürfe nur Anlass sein, nicht eigentlich vorkommen, „mein größtes Bedürfnis“, schreibt Laufenberg, „ist es, daraus auszubrechen“. Allein, selbst wenn er mit allem Recht hätte: Er bricht nicht aus. Warum bricht er nicht aus? Der Abend, um den es hier geht, hätte ein so guter Abend werden können, wäre er nur ausgebrochen.
Einfache Lösung für komplexe Fragen
Stattdessen probierte er genau das, woraus er nun seinen Vorwurf münzt: Er übermalt das Werk mit seiner eigenen Lesart, sehr komplexe Fragen mit sehr einfachen Lösungen zu bedenken, die alle nicht recht zusammenpassen. Wie schade.
Die Bayreuther Festspiele sind, zumindest dem eigenen Anspruch nach, die Champions League im Opernbetrieb. Der künstlerische Kurs, den ihre Intendantin Katharina Wagner mit Blick auf die Regie verfolgt, ist fokussiert auf attraktive Namen (Barrie Kosky, Neo Rauch, Jonathan Meese, Wim Wenders) oder vielversprechende Jungstars (Jan Philipp Gloger, Tobias Kratzer).
Erwartungen waren hoch
Dass da die Erwartungen hoch liegen an die Arbeit eines gefeierten Theaterroutiniers, zumal der freilich weder zum einen noch zum anderen Lager zählt und mit Vorab-Interviews nicht gerade geizig war, liegt auf der Hand. Und sie hätten ohne die Islamkritik-Debatte und die Interviews nicht wesentlich niedriger gelegen. Anstatt ihnen zu begegnen, wirft Laufenberg seinem Vorgänger Stefan Herheim „historische Puppenspiel-Taschentricks“ vor, „nur keine Wirklichkeiten, das wäre peinlich“, die Handschrift des Kollegen Frank Castorf sei „durch Jahrzehnte lange Anwendung hinlänglich bekannt und langweilt inzwischen“, Christoph Schlingensief habe das Werk übertüncht und überschrieben, anstatt es zu inszenieren. Souveräner wirkt Laufenbergs Haltung dadurch nicht.
Ob gut oder schlecht entscheidet sich auf der Bühne
Natürlich hätten die Kritiken freundlicher ausfallen können. Gleichzeitig hätte die Inszenierung besser sein können. Und ob eine Inszenierung gut ist oder nicht, entscheidet sich - Vorsicht, Binsenweisheit - nicht im Feuilleton, weder auf nachtkritik.de noch in diesem, sondern auf der Bühne. Und eine Opernkritik kann nie mehr sein als ein Gutachten darüber. Die Gutachten über den Premierenabend fielen dabei gar nicht so einstimmig aus, wie Laufenberg behauptet. Aber doch recht eindeutig. Und natürlich kann man es unfair finden, dass die Schönheit der Ideen so gar nichts gilt, solange sie sich nur in Vorab-Interviews, Pausengesprächen und klugen Texten im Programmheft erschließt.
Es ist nicht allzu viel versucht worden
Entscheidend ist die Aufführung, die Zeit zwischen dem ersten und dem letzten Ton; entscheidend ist die Antwort auf die doppelte Frage: Was ist versucht worden, und inwieweit ist es gelungen. Und zwar nicht im Kopf des Regisseurs. Sondern in der Wahrnehmung jedes einzelnen Zuschauers, an diesem Abend. Und für den Premierenabend kann man festhalten: Es ist, was die Inszenierung betrifft, nicht besonders viel gelungen. Allzu viel ist aber auch gar nicht versucht worden.
Die Vorgeschichte:
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