Das Gericht wies dies allerdings zurück. Denn der Streit um Schwarzgeldschiebereien sei erst nach der Trennung des Ehepaares Mollath losgegangen. Petra M. hätte also zum Zeitpunkt der Misshandlungen überhaupt kein Motiv gehabt, ihren Mann falsch zu belasten. Auch dass sie in ihren Aussagen stets von anderen Details der Misshandlungen berichtet hatte, macht sie nach Ansicht des Gerichts nicht unglaubwürdig. Dies komme bei Opfern von Misshandlungen „tagtäglich“ vor, sagte die Richterin.
Ob bei Mollath zurzeit der Misshandlungen eine wahnhafte Störung vorlag, dessen ist sich das Gericht nicht sicher. „Es ist unsicher“, sagte Richterin Escher, ob Mollath aufgrund einer wahnhaften Störung gestört gehandelt habe oder nicht. „Hier greift der Grundsatz in dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten“. Das Gericht muss also annehmen, dass Mollath wahnkrank gewesen ist, sonst liefe es Gefahr, einen Menschen für eine Tat zu verurteilen, die er gar nicht hatte steuern können, für die er gar nicht verantwortlich war.
Das Gericht berief sich dabei auf den Sachverständigen Norbert Nedopil (66), der eine wahnhafte Störung bei Mollath zurzeit der Misshandlungen für möglich gehalten hatte. Als Belege eines Realitätsverlustes bei Mollath diente dem Gericht die lange Liste von auffälligen Verhaltensweisen und Schriften des Angeklagten. Er hatte hohen Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland und der UNO Briefe geschrieben – von Kofi Anan bis Gerhard Schröder – und sei davon ausgegangen, Gehör zu finden.
Außerdem habe er den Personen aus dem Umfeld seiner Frau „nachspioniert“, habe seine Wohnung stets verdunkelt, sei mit einem Auto im Hof seiner Ex-Frau erschienen, habe ein Foto ihres verstorbenen Vaters auf die Motorhaube gestellt und gerufen: „Vor ihm wollte ich dich immer schützen.“.
Weiter habe Mollath sich vor Gericht seltsam verhalten, sei mit einer Zahnbürste im Revers erschienen oder habe Bücher vor sich ausgebreitet und aus den Nürnberger Prozessen vorgelesen. Dieses Verhalten lege den Schluss nahe, so Richterin Escher, dass Mollath sich deutlich „verrannt“ habe und „nicht mehr in der Lage war, angemessen zu reagieren.“
Escher betonte allerdings, dass nicht einzelne Verhaltensweise auf eine wahnhafte Störung hinwiesen, wohl aber die Gesamtheit.
Dass Mollath allerdings mehrere Dutzend Reifen durchstochen hat, sah das Gericht nicht als erwiesen an. Dafür sei die Beweislage zu schwach. Auch der Brief, den Mollath an einen Rechtsanwalt schrieb und in dem fast alle Opfer der Reifenstechereien erwähnt waren, reiche nicht als Beweis aus.
Mollath musste aus juristischen Gründen – wieder – freigesprochen werden. Denn es war eine Wiederaufnahme „zu seinen Gunsten“. Bei einem solchen Verfahren gilt ein „Verschlechterungsverbot“: Das Urteil darf sich nicht verschlimmern im Vergleich zu dem ersten Urteil aus dem Jahre 2006. Damals war er – wegen Schuldunfähigkeit – freigesprochen werden. Auch das Landgericht Regensburg musste ihn deswegen freisprechen.
Mollath zeigte sich in einer ersten Reaktion enttäuscht. Die Vorwürfe seien bestätigt, die „so nie stattgefunden“ hätten, sagte er. Den Tatvorwurf, seine Frau misshandelt zu haben, wolle er „nicht auf sich sitzen lassen“. Allerdings kann Mollath keine Revision gegen das Urteil einlegen – weil er freigesprochen worden ist. Und eine Revision, weil er mit Details aus der Urteilbegründung unzufrieden ist, ist nicht möglich.