Lakecia Benjamins starkes Finale

Von Wolfgang Karl
Hat jemand mal ein neues Saxophon? Lakecia Benjamin, mit Sängerin Jamie Woods. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Das Covergirl des Halbjahresprogramms des Jazzforums tritt zum Saisonende auf. Und? „Das Beste kommt zum Schluss“, heißt es dann gerne. Was aber unfair wäre, den vielen großartigen Künstlern, die seit September aufgetreten sind, gegenüber. Aber Lakecia Benjamin - die war schon richtig stark.

 
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Die New Yorkerin spielte schon mit Stevie Wonder und sorgte für die Musik auf Präsident Obamas Amtseinführungsball. Nun ist der amerikanische Präsident nicht für seinen leisen Musikgeschmack bekannt. Entsprechend gut geht es auch ab auf der Bühne. „Germany, we wanna have a party tonight - Deutschland, lasst uns heute Abend feiern“, haut sie auch gleich eine Ansage raus. So Selbstbewusst, so amerikanisch.

Wer wird denn sitzen bleiben?

Hinten im Bechersaal haben sie vorsichtshalber Tische und Stühle weggeräumt. Wer heute sitzen bleibt hat selbst Schuld, lautet da wohl die Botschaft. Benjamin am Saxophon und ihre Mitstreiter bringen die Bayreuther unter Sechzig auch gleich zum Aufstehen, Tanzen und Mitklatschen. Shawn Whitley lässt den E-Bass wummern, am elektrisch verfremdeten Keyboard spielt Yeissonn Villamar groß auf. Sängerin Elizabeth Kogiones wechselt sich in der Melodiestimme mit Benjamins Saxophon ab. Sie hat das warme Timbre einer Alicia Keys – das ist aber schon das einzige zarte Element im ersten Teil dieser wuchtigen Show.

Drummer Malik Washington treibt dieses Ensemble auf schweißtreibende Geschwindigkeit, die Musiker liefern ein gerechtes Brett. Das macht richtig Spaß, sorgt aber immer wieder zum Übersteuern der Anlage im Bechersaal. Zuviel Distortion für die deutsche Nation aus dem „Land of plenty“? Nicht, wenn man sich so das Bayreuther Publikum ansieht. Klar sitzen die meisten trotz des improvisierten Tanzbodens lieber vor ihrem Bier. Aber dieser Jubel nach jedem Lied ist echt, das Mitklatschen auch. Zum Saisonabschluss gibt es also klar mehr, als ein „passt schon“ von den Besuchern. Aber diese Lakecia Benjamin hat auch ein Spiel, das ein Amerikaner wohl als „inspiring“ bezeichnen würde.

Fliegender Wechsel

Da sind zum einen diese ultraschnellen Triller. Diese Lautstärke, diese Wucht. Jubilar Klaus Doldinger hätte wohl seine helle Freude dran. Doch zwischendrin wird es eben doch zarter. Da hört man sie atmen, klagt das Saxophon voller Sehnsucht und Wärme, erzählt sie uns eine Geschichte von Träumen und großem Gefühl. Das ist Musik, für die man amerikanische Vokabeln braucht: Great – großartig – ist so eine. Aber auch emotional und eben „dream“ – Traum.

Fabelhaftes Finale

Das ist so ganz anders als das Europäische. Es setzt nicht auf Brüche und Überraschung. Es setzt auf große Harmonien und Fülle. Aber es steht auch „Funk, Soul & Jazz“ in der Selbstbeschreibung. Ein gesundes Selbstbewusstsein trifft hier auf Charisma und mündet so in mitreißender Überzeugungskraft. Sie hauen so sehr auf die Pauke, dass sogar Lakecia Benjamins Saxophon zerbricht. „Hat jemand ein Saxophon dabei?“, fragt Benjamin.

Einer hat sogar eins im Auto dabei.

Also kurze Pause, neues Saxophon einspielen und weiter geht’s. Das Leih-Saxophon glänzt jetzt wenigstens so schön golden, wie Benjamins Turnschuhe. Improvisationstalent ist alles im Jazz. Am Ende spielt sogar ihr Fahrer für die Europa-Tour ein paar Powerchords auf seiner Gitarre mit. Die New Yorker Funk-Combo und der slowenische Metaller. Kann man mal machen. Als Fazit lässt sich sagen: Ein gelungener, ein fabelhafter Saisonabschluss.

Lakecia Benjamin und ihr Ensemble rocken.

 

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