Kurier-Interview Handelsverbandschefin über die angebliche Schließung der Hugendubel-Filiale

Von Michael Weiser
 Foto: red

Das Internet ist eine Herausforderung längst nicht mehr nur für den Einzelhandel, sondern auch für die Gesellschaft. Findet Sabine Köppel, Oberfranken-Geschäftsführerin des Handelsverbands Bayern. Sie warnt im Kurier-Interview vor einer Verödung der Innenstädte.

 
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Verdi schlägt Alarm: Hugendubel Bayreuth soll dichtgemacht werden. Wie beurteilen Sie die Meldung?
Sabine Köppel: Ich kann mir das nicht vorstellen, das ist eine sehr gute Lage. Es ist sehr schade, dass immer wieder Schließungen von Geschäften prophezeit werden, von welcher Seite auch immer. Das ist absolut kontraproduktiv. Ich bin seit 1984 hier, und es ist immer das selbe: Erst soll Hertie schließen, dann Karstadt, dann wieder jemand anderer. Solche Gerüchte verunsichern die Verbraucher. Sollte es einem Geschäft mal nicht gut gehen, und es wird dann auch noch so etwas erzählt, dann ist das in keiner Weise zielführend. Ein solches Gerücht kann in eine Abwärtsspirale führen.

Laut Hugendubel steht der Standort Bayreth „auf dem Prüfstand“. Wie ordnen Sie diese Aussage ein?
Köppel: Das ist ein völlig normaler Prozess bei allen Betrieben mit Filialen, dass man sich die Ergebnisse einzeln ansieht und strategische Entscheidungen trifft. Sie lassen eine Firma nicht einfach für 15 Jahre ohne Controlling laufen. Das heißt aber doch nicht Schließung. Die ist ja meistens auch die schlechteste Lösung. Man hat ja irgendwann auch mal einen Grund gehabt, sich an dem Standort niederzulassen.

Wie stark setzt das Internet dem Buchhandel zu?
Köppel: Der Internethandel setzt den Buchhandel schon sehr unter Druck. Aber die Buchhändler versuchen, eigene Internetsysteme aufzubauen, sie bauen die Randsortimente aus. Der Buchhandel reagiert auf die Herausforderung und lässt sich viel einfallen. Es wäre ja auch schlimm, wenn die Buchhändler verschwänden.

Auch als Verlust in der Kulturlandschaft.
Köppel: Ja, das sehe ich auch so. Übrigens brauchen die Buchhändler auch mal das schnelle Geschäft mit den Bestsellern und nicht nur den Verkauf von Büchern, die viel Beratung benötigen. Die brauchen einfach auch mal den schnellen Dreher. Und den kann man doch auch mal im stationären Laden kaufen. Der bietet ja immerhin auch Arbeits- und Ausbildungsplätze.

Welche Branchen trifft es neben dem Buchhandel hart?
Köppel: Das ist ein grundsätzliches Problem. Aber den Buchhandel trifft es besonders. Wenn ich Bücher und Musik bestelle, weiß ich in der Regel schon, was ich will. Das ist schwieriger etwa bei Düften und Textilien. Wenn ich aber ein bestimmtes Buch haben will, dann krieg ich das, da gibt es keine Überraschungen. Aber auch bei Textilien, Schuhen, Elektrogeräten und Elektronikartikel übt der Internethandel immer stärkeren Druck aus, und bei Kosmetik und im Parfümeriebereich fängt es gerade an. Die Menschen könnten mal daran denken, dass ein Internethändler keine Parkbänke stiftet, dass er hier keine Ausbildungs- und Arbeitsplätze bietet. Sie müssten überlegen, wie sie ihre Stadt und ihr Ambiente in 20 Jahren noch haben wollen. Versandhandel gehört ja zum Einzelhandel. Nur kippt das irgendwann. Auf der einen Seite wollen die Leute eine belebte Innenstadt und schöne Geschäfte, auf der anderen Seite ist es so, wenn ich alles im Internet kaufe, dann werde ich irgendwann auch mal kein Leben mehr in der Innenstadt haben. Im Moment haben wir eine Situation, die kritisch wird.

Was können Sie noch tun?
Köppel: Die Einzelhändler überlegen sich längst neue Strategien, sie setzen auf Events in den Geschäften, kümmern sich verstärkt um ihre Stammkunden, werden selbst im Internet tätig und besetzen Nischen. Das ist mit sehr viel Anstrengung verbunden. Aber unser Händler bemühen sich, auf den Verbraucher zuzugehen, ihm das schöne Gefühl zu vermitteln, gut eingekauft zu haben, so dass er beschwingt den Laden verlässt.

Oft monieren Kunden das Fehlen von Service.
Köppel: Ja, gut, da muss man aber auch mal genauer hinschauen. Unsere Händler bieten bereits viel Service, und wenn man dann gezielt nachfragt, was die Händler bieten sollen, dann kommt meistens nicht viel. Die Händler tun ja schon viel. Wenn da noch jemand Ideen hat, nehmen wir die gerne auf. Die Kunden können gerne Waren umtauschen, selbst wenn die nicht mangelhaft sind, es werden Bestellungen nach Hause geliefert, man kann sich etwas bereitlegen lassen, Beratung – es wird doch richtig viel getan.

Sollte man den Kindern in der Medienerziehung die Konsequenzen des Internethandels klarmachen?
Köppel: Das Internet wirft grundsätzliche Probleme auf, die wir nicht nur im Handel spüren. Das ist ein gesellschaftliches Problem, zum Beispiel, dass man nicht mehr weiß, was wahre Freunde sind, die man anfassen kann, die mir zur Seite stehen, wenn’s mir nicht gut geht, und stattdessen Freunde in Facebook hat, die vielleicht mal schnell einen „Like“-Button drücken und sich dann davonmachen.

Foto: Kenger

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