Den Sängern nützt Castorfs Zurückhaltung natürlich sehr. Anja Kampe und Johan Botha sind - zum letzten Mal - ein strahlendes, fantastisches Wälsungenpaar, das sich klug die Kräfte einteilt und sich immer und immer weiter steigert, bis zum jeweiligen Ende.
Wotans Monologe: wahnsinnig gut
Wolfgang Koch und Claudia Mahnke haben sich im „Rheingold“ am Vorabend auf Betriebstemperatur gebracht, Mahnke war als Fricka schon letztes Jahr toll, diesen Sommer kommt auch Wolfgang Koch aus der Reserve. Auf einmal ist sie da, die Stimme, das Volumen, die Wotan-Farbe, die Monologe im zweiten und dritten Aufzug sind jetzt nicht einfach nur unter Kontrolle, sondern: wahnsinnig gut.
Im nächsten Jahr singt jemand anders den Walküre-Wotan, wer dieses Jahr „Ring“-Karten hat, hat einen sehr guten Moment erwischt. Denn auch Catherine Foster als Brünnhilde zeigt diesmal noch mehr Selbstbewusstsein als in den Vorjahren, ihre Brünnhilde ist jetzt voll da, und: Sie bleibt, fast als einzige, der Produktion erhalten.
Auch Kwangchul Youn, der tolle Hunding, hört hier nach diesem Sommer auf. Die Umbesetzungen werden damit fast zum typischen Castorf-Moment: Ist ja schön, ist ja gut. Aber seid euch mal nicht zu sicher.
Und Kirill Petrenko strickt weiter an seinem persönlichen Bayreuth-Mythos, von den flackernden Streicher im Vorspiel über den „Nothung“-Trompetenruf, der im Forte beginnt, aber im Piano endet, bis hin zum stolzen, affirmativen Breitband-Finale, ungebrochen, das eigentlich überhaupt nicht nach Petrenko klingt, aber der ist einfach klug genug, nicht zum eigenen Klischee zu werden.
Es sind wirklich alle quicklebendig an diesem Abend.