Das ist bei den Stuttgarter Chihuahuas nicht der Fall. „Auf einen der Hunde kommen derzeit 15 bis 20 Interessenten“, sagt Veiel. Noch ist dem einen oder anderen kleinen Vierbeiner anzusehen, was er durchgemacht haben könnte. Einer von ihnen hockt verstohlen in der Ecke, der andere schmiegt sich immer wieder an eine zerfetzte Spielpuppe, ein Dritter hat überzüchtete Glupschaugen, die fast aus dem viel zu kleinen Schädel zu springen scheinen.
„Solche Situationen sind natürlich für die Tiere Stress pur“, sagte Thomas Stegmanns, der Leiter des Stuttgarter Veterinäramts. Tierhalter seien zunehmend überfordert nach dem Spontankauf eines Hundes oder einer Katze. „Viele haben einfach keine Ahnung, was sie machen müssen.“ Die Situation trifft auf personell angeschlagene Behörden. „Wir machen hier nur noch Feuerwehr“, sagt Stegmanns.
„Animal Hoarder verdrängen, dass es den Tieren schlecht geht“
Werden aus einer Katze im Wohnzimmer irgendwann 60, dann geht es meistens nicht nur um Tierschutz, sagt Nina Brakebusch, Fachexpertin für Animal Hoarding beim Deutschen Tierschutzbund. „In der heutigen Zeit vereinsamen die Menschen, es geht ihnen die Bindung zu anderen Menschen verloren.“ Oft lasse ein persönlicher Schicksalsschlag wie eine Scheidung oder der Verlust des Jobs die Situation kippen. Neben dem Zuchtgedanken halten sich manche Hoarder auch für Tierretter und locken – gerade im Falle von Katzen – Streuner mit Futter an.
Was aber fehlt, ist die Einsicht: „Animal Hoarder verdrängen, dass es den Tieren schlecht geht“, sagt die baden-württembergische Landestierschutzbeauftragte Julia Stubenbord. Sie bagatellisieren und spielen mit den Behörden ein Katz-und-Maus-Spiel, um den Gerichtsbeschluss und den Zugang zur Wohnung zu verhindern.
Selten lassen sich Animal Hoarder therapieren, in fast allen Fällen werden sie nach Angaben des Tierschutzbundes zu Wiederholungstätern. „Wenn ein Landkreis ein Tierhaltungsverbot verhängt, kann der Tierhorter umziehen und von vorn anfangen“, kritisiert Veiel vom Stuttgarter Tierheim. Eine oft geforderte Datenbank für Haltungsverbote oder ein Zentralregister gibt es noch nicht, außerdem ist Animal Hoarding nach wie vor kein anerkanntes Krankheitsbild. Die Kassen finanzieren also keine Therapie für die psychisch kranken Sammler.
Umso wichtiger ist aus Sicht der Landestierschutzbeauftragten Stubenbord das aufmerksame Auge für solche Fälle: „Man kommt selten in die Wohnung eines Tierhorters, da wird es dann schwierig. Aber das eine oder andere lässt sich auch von außen erkennen“, sagt sie. „Nehmen Sie Fäkalgeruch wahr oder anhaltendes, vielleicht vielstimmiges lautes Bellen, sehen Sie abgemagerte Tiere, dann können Sie das dem Veterinäramt melden.“