Krankenhausversorgung Regiomed-Verbund vor dem Aus

, aktualisiert am 04.10.2023 - 13:38 Uhr
Das Regiomed-Klinikum Coburg. Foto: Michael von Aichberger

Die Krankenhäuser des thüringisch-bayerischen Klinikverbunds Regiomed samt ihren angeschlossenen Einrichtungen der ambulanten Versorgung sollen künftig wirtschaftlich getrennte Wege gehen. Das geht aus einer Pressemitteilung vom Mittwoch hervor.

 
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Demnach soll die Verantwortung zurück in die Hände der örtlichen Träger überführt werden. So soll trotz sehr unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklung der einzelnen Häuser und der unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Landkreisen gesichert werden, dass die Einrichtungen fortbestehen können. Dafür soll es individuelle Maßnahmen geben, heißt es. Die einzelnen GmbHs und die damit verbundenen Arbeitsplätze blieben erhalten. Somit erfolge eine Trennung in eigenständige Einheiten, gleichwohl sollen über die Regiomed-Kliniken GmbH die bestehenden Synergien genutzt werden.

“Seit 1. Januar 2023 sind deutschlandweit bereits mindestens 25 Krankenhausträger insolvent. Wir als Gesellschafter sind nun auch gezwungen, unsere Kliniken wieder in die eigene Hand zu nehmen, um hierdurch einer drohenden Insolvenz entgegenzuwirken und dennoch eine unserer wichtigsten Pflichtaufgaben, die medizinische Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen, sicherzustellen. Dies wird für uns alle kein einfacher Weg und auch ein enormer finanzieller Kraftakt, aber wir müssen diesen Schritt jetzt gehen,” erläutert der Lichtenfelser Landrat Christian Meißner, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung.

Die hohen Verluste aus den vergangenen wirtschaftlich schwierigen Jahren von Regiomed konnten im Geschäftsjahr 2022 in ein nahezu ausgeglichenes Ergebnis gewandelt werden. Für das Jahr 2023 und auch das Jahr 2024 werden aber wieder Verluste entstehen, da Ausgleichzahlungen des Bundes wegfallen und parallel erhebliche Kostensteigerungen zu verzeichnen sind.

Für den Konzern bedeutet das, dass für das Wirtschaftsjahr 2023 ein negatives Ergebnis von mindestens 20 Millionen Euro erwartet werde. "Das kann selbst mit der besten medizinischen Leistung nicht kompensiert werden", heißt es in der Pressemitteilung.

Die Rückführung der Kliniken an die Gebietskörperschaften werde zwar die möglichen Verluste in den Folgejahren nicht aufhalten oder reduzieren, aber durch die dann schlankeren Entscheidungsstrukturen könnten die jeweiligen Träger bedarfsgerechter und schneller auf mögliche Verluste und örtliche Notwendigkeiten reagieren.

"Es wird ausdrücklich betont, dass die Zusammenarbeit auf allen Ebenen konstruktiv und zielgerichtet erfolgte, aber aufgrund der Vielzahl der beteiligten Stellen naturgemäß langwierige Entscheidungsprozesse notwendig waren", teilt Regiomed mit. Durch den grenzübergreifenden Zusammenschluss der Kliniken aus Bayern und Thüringen müssten bis heute neben den Regiomed-Gremien und den kommunalen Entscheidungsgremien auch zwei unterschiedliche Rechtsaufsichtsbehörden eingebunden werden.

Die langen Entscheidungswege würden aber ein großes Risiko für den Konzern bergen. In Anbetracht der derzeitigen Rahmenbedingungen, die sich nicht vor 2026 bessern dürften, müssten Entscheidungen nunmehr sehr schnell getroffen und umgesetzt werden. Dies gehe effektiver, wenn die Kliniken bei den kommunalen Trägern wieder angedockt werden und hier maßgeschneiderte finanzielle Hilfen erhalten. 

Die Entscheidung bilde den Stand der Gesellschafterversammlung vom vergangenen Freitag ab und stehe noch unter dem Zustimmungsvorbehalt der kommunalen Gremien und der Aufsichtsbehörden, steht weiter in der Mitteilung. Die wirtschaftliche Abspaltung der örtlichen Betriebs-GmbHs (Krankenhäuser und MVZs) von der Regiomed-Kliniken GmbH soll zum 1.1.2024 wirksam werden.

“Wir haben uns alle diese Entscheidung nicht leichtgemacht, denn wir waren mit der Sanierung des Konzerns auf der Zielgerade. Die aktuelle geopolitische Lage, die Energiekosten, Inflation und Personalkosten hat explodieren lassen, trifft derzeit nahezu alle Krankenhäuser in Deutschland“, so der Lichtenfelser Landrat und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung Meißner.

"Das Scheitern dieses ambitionierten Projektes war vom Coburger Betriebsrat lange befürchtet worden, nachdem sich die kommunalen Träger nach der Trennung von Hauptgeschäftsführer Joachim Bovelet weder auf einen stetigen Finanzzuschuss noch auf ein gemeinsames medizinisches Entwicklungskonzept vereinbaren konnten", teilte Konzernbetriebsratsvorsitzender Martin Lücke mit. Vor diesem Hintergrund sei die vom Betriebsrat des Klinikums Coburg ständig wiederholte Forderung nach einem paritätisch besetzten Aufsichtsrat und einem Medizinischen Geschäftsführer für die Regiomed zu verstehen. Der Betriebsrat habe für eine ernsthafte Umgestaltung der Regiomed in einen zukunftsfähigen Konzern plädiert. "Diesem Umgestaltungswillen ist die Mehrheit der kommunalen Familie den Beschäftigten der Regiomed schuldig geblieben", so Lücke.

Und weiter: "In diesen unruhigen Zeiten ist es gut, dass die Beschäftigten des Klinikums einen Arbeitsvertrag haben, der ihnen die Wirkung eines Tarifvertrags sichert. Gerade die aktuellen Forderungen aus den MVZ in Coburg zielen auf die gleiche Sicherheit der Arbeitsplätze ab und werden vom Betriebsrat der Klinikum Coburg GmbH unterstützt."

An die Stelle der "wirtschaftlich gebeutelten Regiomed" trete in Stadt und Landkreis Coburg zum neuen Jahr der Krankenhausverband Coburg, also der Zusammenschluss des Landkreises Coburg mit der Stadt. Damit seien die Eigentumsverhältnisse so, wie sie mit der Gründung der Klinikum Coburg GmbH im Jahre 1999 waren, auf die damals der Betrieb des „Landkrankenhauses Coburg“ übergeleitet wurde. Beim Übergang in die Regiomed seien die Einzel-Arbeitsverhältnisse nicht berührt gewesen. "Und so wird es dem bisher Bekannten nach zum Jahreswechsel 2023/2024 auch wieder sein", betont Lücke.

Künftig gelten für die Kliniken folgende Zuständigkeiten:

•    Krankenhausverband Coburg für die Klinikum Coburg GmbH und Klinik Neustadt GmbH einschl. MVZ

•    Landkreis Hildburghausen für die Henneberg-Kliniken GmbH einschl. Reha-Klinik und MVZ

•    Landkreis Lichtenfels für die Helmut-G.-Walther-Klinikum Lichtenfels GmbH einschl. MVZ

•    Landkreis Sonneberg für die Medinos-Kliniken des Landkreises Sonneberg GmbH einschl. MVZ
 

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