Kompetenzerweiterung Aufgaben von Ärzten nicht auf Sanitäter übertragbar

Von Markus Roider
ARCHIV - ILLUSTRATION - dpa Foto: red

MÜNCHEN. Die Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte (AGBN) lehnt die Substitution ärztlicher Kompetenzen auf Notfallsanitäter ab. Das geht aus einer Meldung des S+K Verlages hervor, einem Fachverlag für Notfallmedizin in Deutschland.

 
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Seit der Einführung des neuen Berufsbildes der Notfallsanitäter agieren diese in Rechtsunsicherheit, beispielsweise dann wenn ein Patient starke Schmerzen hat, ein Notarzt nicht umgehend zur Verfügung steht und der Notfallsanitäter Betäubungsmittel verabreicht.

Diesen "Missstand", wie es das BRK betitelt, erkennt der Bundesrat und reagiert mit einer Gesetzesinitiative um mehr Rechtssicherheit für Notfallsanitäter zu schaffen. Dieser Initiative entgegnen die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD mit einem Änderungsantrag, aus dem hervorgeht, dass Notfallsanitäter weiterhin mit standardisierten und delegierten Prozeduren (sog. SOPs) agieren sollen.

„Unvorhergesehene und nicht vorausplanbare Notfallsituationen führen dazu, dass Notfallsanitäter zur Rettung von Menschenleben nach wie vor zum individuellen und damit rechtsunsicheren Handeln gezwungen sind“, so BRK-Präsident Theo Zellner. „Der Alltag lässt sich nicht in Standards abbilden. Das Risiko einer Strafbarkeit bestünde weiter.“

In Bayern trifft in 54 Prozent aller Fälle der Notarzt mehr als zwei Minuten später als der Rettungswagen ein. In 20 Prozent der Fälle dauert dies sogar mehr als zehn Minuten. Hinzu kommen noch Einsätze, in denen der direkte Notarztdienst nicht besetzt ist und damit die Notfallsanitäter alleinverantwortlich handeln müssen und ohne ärztliche Unterstützung Leben retten. „Hier brauchen die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter Rechtssicherheit für das, was sie in der Ausbildung gelernt haben“, so Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk.

Arzttätigkeiten auf Sanitäter ablasten?

Bereits jetzt seien mit den sogenannten 1c- und 2c-Maßnahmen im Bayerischen Rettungsdienstgesetz ausreichende Regelungen definiert, die eine notfallmedizinische Versorgung bis zum Eintreffen des Notarztes auf rechtlich zulässiger Grundlage ermöglichen. Diese Meinung vertritt die Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte (AGBN).

Die Idee, zur Behebung eines (Not-)Ärztemangels ärztliche Tätigkeiten auf Nicht-Ärzte zu übertragen „und nur durch spezielle Qualifikationsmaßnahmen im Schnellverfahren quasi auf den Kenntnis-, Fertigkeiten- und vor allem auch Erfahrungsstand eines spezialisierten Arztes zu bringen“, sei illusorisch.

Es sei in keiner Weise akzeptabel, dass in einer präklinischen Situation mit wenig Personal, schlechten räumlichen Bedingungen und schlechterer apparativer Ausstattung als in der Klinik ein Patient „nicht einmal mehr von einem approbierten Arzt, sondern von einem Vertreter eines medizinischen Assistenzberufes behandelt werden soll.“

Bestehende Notkompetenz ist ausreichend

Es sei nicht nur wichtig, was das in der rettungsdienstlichen Versorgung eingesetzte Personal formal alles am Notfallpatienten machen dürfe; entscheidender sei, was es letzten Endes sicher beherrscht. Dies sei bisher auch die Gesetzeslage. Insofern sei es speziell in Situationen mit bestehender oder akut drohender Lebensgefahr unerheblich, ob ein Notfallsanitäter entsprechende notfalldiagnostische und notfalltherapeutische Maßnahmen im Rahmen seiner praktisch schon bestehenden Notkompetenz vornimmt oder durch eine generelle gesetzlich verankerte Erlaubnis zur Ausübung von bestimmten invasiven Notfallmaßnahmen durchführe.

Entscheidend sei der Maßstab, der an solche ärztlichen bzw. notärztlichen Maßnahmen anzulegen ist. Bei einem Schadensfall sei dieser für Notarzt und Notfallsanitäter gleich. Die AGBN ist daher der Auffassung, dass sich die zivil- wie strafrechtliche Situation für Notfallsanitäter ggf. sogar verschlechtern würde, wenn sie zukünftig invasive Notfallmaßnahmen erbringen müssen, für die sie lediglich theoretisch im Unterricht und praktisch an Übungsphantomen qualifiziert werden können.

Notfallsanitäter seien sehr gut geschult und trainiert. Die Ausbildung könne aber genauso wenig die ärztliche Kompetenz der differenzierten Anamnese, der Diagnose- und der Indikationsstellung wie den für invasive Notfallmaßnahmen zusätzlich erforderlichen klinischen Erfahrungs- und Fertigkeitserwerb ersetzen. Einen „Notarzt light“ ohne Approbation und ohne klinisch erworbenen Fachkunde werde man nicht akzeptieren, teilte AGBN mit.

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