Stell Dir vor, es ist Krieg, und jeder kauft Öl. Nicht das raffinierte Erdöl an den Zapfsäulen, denn das ist den meisten zu teuer. Sonnenblumenöl ist es, das derzeit besonders begehrt ist. Aber auch Mehl, Haferflocken, Zucker und natürlich Klopapier finden reißenden Absatz. So mancher Kulmbacher steht daher seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine vor leer geräumten Regalen. Die Stunde der Hamster hat wieder geschlagen. Warum, das weiß eigentlich keiner so recht. Einen Mangel gibt es nicht. Im Gegensatz zu den Menschen in Mariupol und Lwiw bekommt man hierzulande fast alles, was das Herz begehrt. Zumindest wenn ein jeder nur das kaufen würde, was er tatsächlich benötigt. Doch rationales Handeln ist nicht die Stärke des Hamster-Käufers. Irgendwo hat irgendwie irgendwer gesagt, es könnte bald ein Mangel herrschen – und schon rennen sie in die Läden. Kaufen, klauben und raffen alles leer, was nicht streng rationiert wird. Sollte das der Fall sein, fahren sie eben von Laden zu Laden. Das tun sie so lange, bis sie glauben, endlich genug zu haben. Nicht einmal der hohe Spritpreis kann sie davon abhalten; geschweige denn die Vernunft. Man kann ihnen noch so oft sagen: Es gibt für alle genug. Lebensmittel zu horten macht keinen Sinn. Alles vergebens. Auch mit einem Appell an den Gemeinsinn erreicht man nicht viel. Denn die Panikkäufer wissen genau, dass anderen durch ihr Raffen nichts übrig bleibt. Doch die erkaufte Sicherheit ist ihnen mehr wert als das Wohl ihrer Mitmenschen, ihr Handeln dadurch asozial. Darunter leiden vor allem alte Menschen oder jene mit wenig Geld. Denn anders als die Hamster-Käufer haben sie nicht die Möglichkeit, täglich auf „Mehl-Safari“ zu gehen. Sie haben auch nicht das Geld, um bei dem Benzinpreis von Laden zu Laden zu fahren. Sie müssen nehmen, was sie kriegen und allzu oft ist das derzeit: nichts. Doch die leeren Regale haben nicht nur Einfluss auf all jene, die schon vor zwei Jahren glaubten, nicht genug Klopapier zu bekommen. Auch der „Normalkäufer“ greift derzeit eilig zu, sollte einmal eine Flasche Öl oder ein Päckchen Mehl im Regal stehen. Selbst wenn man nicht vorhatte, sich einen Vorrat anzulegen, denkt man dann: Man weiß ja nie. Und schon ist er da, der Mangel, vor dem die Boulevard-Presse immer gewarnt hat. Selbsterfüllende Prophezeiung nennen Experten das dann. Und so dreht sich die Spirale aus Hamsterkäufen, leeren Regalen und Gelegenheitskäufen immer weiter, bis alles rationiert wird. Oder bis die Preise schneller als an den Zapfsäulen steigen. Am besten wäre allerdings, wenn alle einsehen würden, wie bequem es doch ist, in Kulmbach und nicht in Charkiw oder Mariupol einkaufen zu müssen.