Am Stundenlohn von 8.50 Euro hat er nichts zu kritisieren. „Für ordentliche Arbeit soll es auch ordentliche Entlohnung geben“, betont Brandl. Doch der bürokratische Mehraufwand werde für viele, besonders kleinere Betriebe das Ende bedeuten, weil sie die Mehrkosten nicht auf ihre Kunden umlegen könnten. Die größeren Betriebe könnten die Belastung noch eher stemmen. Allerdings nicht ohne Folgen: Am Ende werden die Verbraucher die Mehrkosten zahlen müssen, ist Brandl überzeugt. Was den bayerischen Dehoga-Präsidenten jedoch noch mehr aufwühlt als die Erfassung von Arbeitsbeginn, Pause und Arbeitsende auf einem speziellen Formblatt ist die „Kriminalisierung“ seiner Branche. Man stehe unter dauerndem Generalverdacht, müsse jederzeit mit einem Kontrollbesuch des Zolls rechnen.
Kritik: Die beim Zoll neu geschaffenen Stellen sollte man anders nutzen
„Diese neu geschaffenen 1600 Stellen beim Zoll sollte man sinnvoller für die Verbrechensbekämpfung nutzen“. Brandls Fazit: „Der Bürokratiewahnsinn muss gestoppt werden.“ Spätestens Ende dieses Jahres werde die Dokumentationspflicht wieder abgeschafft, ist Brandl überzeugt. Zu groß seien die Verärgerung und der Widerstand in seiner und anderen Branchen. Bis dahin muss auch Dehoga-Kreisvorsitzender Engin Gülyaprak den erhöhten Bürokratieaufwand stemmen, will er nicht in Gefahr geraten, sich strafbar zu machen. Dass ihm als Wirt jegliche, in der Gastronomie wichtige Flexibilität beim Einsatz seiner Mitarbeiter genommen werde, verärgert ihn besonders.
DGB: Es wird betrogen bei der Dokumentationspflicht hinsichtlich der Arbeitszeiten
Das sieht Mathias Eckardt, Geschäftsführer des DGB in Oberfranken, anders. „Es wird betrogen, auch in der Gastronomiebranche“, sagt Eckardt. Nicht in großem Umfang, aber immerhin. Deshalb sei die Aufzeichnung der Arbeitszeit ein notwendiger Bestandteil des Mindestlohngesetzes. Als Beispiel nennt er einen Pizzaausfahrer, dem der Arbeitgeber das Trinkgeld auf seinen Stundenlohn anrechnet und ihm im Krankheitsfall keinen Lohn bezahlt. „Das ist fast schon kriminell“, sagt Eckardt, aber nur die Spitze des Eisbergs. Auf die Frage, warum gerade in der Gastronomie der Widerstand so groß ist, hat Eckardt eine einfache Antwort: Mit der Aufzeichnungspflicht könnten Arbeitgeber nicht länger gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen.
Noch mal andere Lage in der Taxibranche
Schlicht ums Geld und weniger um die Aufzeichnungspflicht geht es hingegen in der Taxibranche. „Hier wird versucht, den Mindestlohn zu umgehen“, ist Verdi-Sekretärin Tina Krause überzeugt. So würden beispielsweise Bereitschaftsdienste, also Stehzeiten, nicht bezahlt. „Ein eindeutiger Verstoß gegen das Mindestlohngesetz“, sagt Krause. Oder, zweite Möglichkeit: Man kündigt den Fahrern und gibt ihnen neue Arbeitsverträge mit deutlich geringerer Arbeitszeit und damit weniger Einkommen. Die Aufzeichnungspflicht sei doch nur ein „Scheingefecht“, ist Krause überzeugt. „Wir versuchen alles, um die Kollegen zu halten“, sagt hingegen die Geschäftsführerin des Taxiunternehmens Worschech, Uschi Sieber. Und man würde den 35 Fahrern auch die Stehzeiten bezahlen. Doch sie wolle nicht verhehlen, dass der Mindestlohn die Erlöse schmälert. Deshalb probiere man im Moment rum und schraube ein bisschen an den Arbeitszeiten. Den Dokumentationswahn bekomme man auch noch in den Griff, möglicherweise durch eine Stempeluhr. Eines sei jedoch klar: Entlassungen seien nicht geplant.
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