Kinderstube für Kreuzottern

Von Norbert Heimbeck
Hautnah können Besucher im Freilandgehege des Terrarienclubs Bayreuth Kreuzottern beobachten. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Schildkröten, Frösche, Kreuzottern – Kuscheltiere sind es nicht gerade, die Harry Wölfel heute vorstellt. Der Vorsitzende des Terrarienclubs Bayreuth und Umgebung gibt gleich Entwarnung: „Niemand muss Angst vor Kreuzottern haben. Sie sind giftig, aber nur bedingt gefährlich.“ Darüber hinaus sind die Mitglieder der Reptilienfamilie Vipera berus vom Aussterben bedroht. Wölfel und seine Vereinsmitglieder wollen das verhindern.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Auf dem vereinseigenen Grundstück nahe dem Bayreuther Stadtteil Destuben errichten die Vereinsmitglieder seit zwei Jahren einen kleinen Reptilien- und Amphibienzoo: Ein Gehege für die Kreuzottern gibt es schon, ein Schildkrötenteich ist angelegt und in einem großen Becken schwimmen Dutzende Kaulquappen, aus denen in Kürze kleine Frösche werden. Schon bald sollen weitere Gehege errichtet und weitere bedrohte Arten hier einziehen.

Im Auftrag des Landesamts

Das Besondere: Der Verein unterstützt mit dem Freigehege ein Artenhilfsprogramm des bayerischen Landesamts für Umwelt zum Erhalt der gefährdeten Kreuzotter: „Das Programm wurde 2003 von der Regierung gestartet. Wir sammeln im Frühjahr Kreuzottern in bestimmten Gebieten in Oberfranken ein, pflegen sie in unserem Gehege und hoffen auf Nachwuchs. Die Elterntiere setzen wir im Herbst an exakt der Stelle aus, wo wir sie gefangen haben. Die Jungtiere päppeln wir auf, ehe wir sie in die freie Natur entlassen“, schildert Harry Wölfel das Vorgehen.

Bestand ist stark gefährdet

Gerade weil Kreuzottern früher gnadenlos verfolgt wurden, ist ihr Bestand heute so bedroht, dass sie offiziell unter Schutz gestellt wurden: „Trotzdem sind die Bestände teils stark rückläufig.“ Die Gründe dafür sieht Wölfel vor allem im Verlust der Lebensräume. Obwohl die Staatsforsten begonnen haben, die Lebensräume der Schlangen wiederherzustellen, sind sie in Teilen des Fichtelgebirges, der Fränkischen Schweiz und des Frankenwaldes fast ganz verschwunden. Die Arbeit des Bayreuther Terrarienclubs setzt hier an: „Wir entnehmen mit Erlaubnis der Naturschutzbehörde erwachsene Tiere der Natur und hoffen, dass sie sich bei uns vermehren.“ Das hat den Vorteil, dass man nicht mit importierten Tieren arbeiten muss. Der Kreuzotter-Nachwuchs lebt dann noch ein Jahr in dem Destubener Gehege: „Aufgrund ihrer geringen Größe sind die Kleinen den meisten Angreifern schutzlos ausgeliefert“, sagt Wölfel. Schon Vögel von der Größe einer Amsel verspeisen die Otter-Babys gerne. Wenn sie größer sind, stellen Igel, Fuchs und Dachs den Ottern nach: „Auch Katzen und Wildschweine machen Jagd auf sie.“

Wieder in die freie Natur

Haben die Tierchen eine gewisse Größe erreicht, werden sie in ausgesuchten Revieren in die Natur entlassen und sollen somit die vorhandenen Restpopulationen stärken. Obwohl die Tiere unter Schutz stehen, kommt es immer wieder vor, dass sie getötet werden. „Das passiert meist aus Unkenntnis“, sagt Wölfel, „weil viele Menschen nicht wissen, dass das Gift der Kreuzotter dem Menschen erst in hohen Dosen schadet.“ Fünf Milligramm Gift kann eine Kreuzotter bei einem Biss freisetzen. Dem Menschen gefährlich werden aber erst etwa 75 Milligramm. Die Stadt Bayreuth stützt Wölfels Argumentation. Auf einem Faltblatt über die Restvorkommen diverser Schlangen im Stadtgebiet heißt es: „In den letzten 20 Jahren wurde in der Bundesrepublik nicht ein einziger Todesfall infolge eines Kreuzotterbisses nachgewiesen.“

Info: Schulen, Kindergärten und andere Interessenten sind eingeladen, Kreuzottern des Auswilderungsprogramms aus nächster Nähe zu studieren. Das Vereinsgelände kann nach Absprache besichtigt werden. Auskunft bei Harry Wölfel unter 0 92 08/58 67 41.

Ein Video zum Thema sehen Sie hier.

Bilder