Kein Favorit im Topspiel Medi gegen Alba

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Spanischer Einfluss: Der neue Trainer Alejandro Garcia Reneses (links) scheint Alba Berlin gutzutun. Die Vorstellungen des 70-Jährigen kommen offenbar auch Spielmacher Peyton Siva (rechts) entgegen. Foto: Imago Foto: red

Ein wenig ungewohnt fühlt es sich immer noch an, wenn man Medi Bayreuth mit den langjährigen Spitzenmannschaften der Bundesliga auf eine Stufe stellt. Vor der Begegnung mit Alba Berlin am Samstag um 20.30 Uhr in der Oberfrankenhalle gibt es aber auch ganz objektiv gute Argumente dafür, ein Spitzenspiel ohne Favoriten in Aussicht zu stellen.

 
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Im Gegensatz zu Bamberg oder München hatte der frühere Serienmeister (1997 bis 2003 sowie 2008) immerhin schon einige Schwierigkeiten in Bayreuth, als die Kräfteverhältnisse noch viel weiter auseinander lagen. Bereits in der zweiten Saison nach dem Aufstieg im Jahr 2010 überraschte der damalige BBC die Hauptstädter mit 80:77, und in der folgenden Spielzeit schoss er sie gar mit dem seinerzeit kaum vorstellbaren Ergebnis von 90:65 ab. Dann folgten zwar drei Heimniederlagen, aber in der vergangenen Saison konnte der Bayreuther 98:96-Sieg in einem spektakulären Schlagabtausch schon kaum noch jemanden verblüffen. Schließlich lag das Medi-Team später sogar auch in der Abschlusstabelle als Vierter vor den Berlinern (6.).

Deswegen von einer Wachablösung zu sprechen, wäre allerdings vermessen: „Wir haben in der vergangenen Saison die Messlatte extrem hoch gelegt und die Berliner für ihre Verhältnisse extrem niedrig“, sagt Medi-Trainer Raoul Korner. Angesichts des Alba-Etats sei es „nicht so schwer“, die Bilanz des Vorjahres zu verbessern. Dass es gelingen wird, erscheint nach den bisherigen Eindrücken wahrscheinlich. Seit der verpatzten Heimpremiere gegen Bremerhaven (64:66) haben die Berliner nur noch einmal verloren, und zwar am vergangenen Sonntag im Gipfeltreffen gegen Bayern München (70:80). Auswärts haben sie bisher alle vier Aufgaben gelöst und dabei auch beim Titelverteidiger Bamberg gewonnen (77:75), der dabei allerdings durch seine Einsätze in der Euroleague gerade extrem stark belastet war.

Auch international mischt der erste deutsche Gewinner eines europäischen Vereinswettbewerbs (Korac-Cup 1995) wieder auf hohem Niveau mit. Im Eurocup unter dem Dach der Euroleague hat Alba mit dem 94:86-Sieg am Mittwoch in Bilbao die Hinrunde der Gruppenphase mit 4:1 Siegen als Tabellenzweiter hinter dem ungeschlagenen russischen Vertreter Kuban Krasnodar abgeschlossen.

Neunmal Meister mit Barcelona

Viele Experten sehen den entscheidenden Faktor für die Entwicklung bei Alba Berlin im neuen Trainer Alejandro „Aito“ Garcia Reneses. Der Spanier, der mit dem FC Barcelona zwischen 1987 und 2001 neun Landesmeisterschaften gewann, hat im Alter von 70 Jahren erstmals ein Engagement im Ausland angenommen. „Trainer aus anderen Ländern tun einer Liga immer gut“, sagt Raoul Korner und beschreibt den spanischen Einfluss auf das Alba-Spiel. „Offensiv haben die Spieler viele Freiheiten. Vieles baut darauf auf, die jeweilige Spielsituation zu lesen. Die Defensive ist aggressiv und unterscheidet sich beispielsweise bei der Pick-and-roll-Verteidigung vom deutschen Standard.“ Dazu passt eine Aussage von Reneses im Interview des Fachmagazins BIG: Deutsche Spieler müssten lernen, „Basketball zu denken und nicht wie ein Roboter zu spielen“. Der Gestaltungsspielraum scheint vor allem Peyton Siva entgegenzukommen. Jedenfalls bringt der US-Spielmacher seine Qualitäten bislang beständiger als in der Vorsaison mit guten Entscheidungen und geringer Fehlerquote aufs Parkett.

Als Besonderheit in der Berliner Besetzung fallen die beiden 2,13-m-Center auf. Umso wichtiger erscheint entsprechende Unterstützung für Medi-Center Andreas Seiferth durch Javon McCrea als Stellvertreter des verletzten Assem Marei: „Das Umdenken auf unsere Art, zu spielen, braucht nun mal Zeit, aber wir hoffen, dass er uns nun schon wieder ein bisschen mehr geben kann“, sagt Korner über den nachverpflichteten Rückkehrer. Eine kleine Hoffnung bestehe sogar auf einen Einsatz von Robin Amaize, der in den letzten Spielen wegen eines Bänderrisses im Fuß pausieren musste. Gestern trainierte er erstmals wieder mit.

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