Kaum Kreuze an den Wänden

Von Christina Holzinger

Ab Freitag muss in den Eingangsbereichen eines jeden Dienstgebäudes im Freistaat ein Kreuz gut sichtbar hängen. Das Kreuz ist nach Auffassung des Ministerpräsidenten Markus Söder kein Symbol des Christentums, sondern ein Zeichen bayerischer Identität und Lebensart. Doch wo muss nun eigentlich überall künftig diese Lebensart symbolisch an die Wand genagelt werden? Wir haben nachgefragt.

 
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Nicht das Bier, die Tracht oder zünftige Speisen, sondern das Kreuz symbolisiert nach Meinung des Ministerpräsidenten Markus Söder die bayerische Identität und Lebensart. Deshalb sollen künftig mehr davon im Freistaat zu sehen sein – zumindest in den Eingangsbereichen eines jeden Dienstgebäudes. Als „Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns“ und ein „sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland“, wie die Staatskanzlei im April mitteilte.

Söders Vorstoß sorgte für viel Kritik. Politiker wie Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen, warfen Söder vor, das Kreuz für den Wahlkampf zu missbrauchen. Markus Rinderspacher, Fraktionsvorsitzender der SPD, sprach von einer Instrumentalisierung des christlichen Glaubens für parteipolitische Zwecke. Nicht nur in der Politik machte sich der Ärger breit: Studenten der Universität Regensburg sammelten mit einer Online-Petition in weniger als zwei Wochen fast 50.000 Unterschriften gegen die Kreuzpflicht. Doch welche Institution in der Region muss nun ein Kreuz aufhängen - und warum?

Gericht: An diese Regelung müssen sich beispielsweise Gerichte halten. In den fünf Gebäuden des Landgerichts in Bayreuth hängt deshalb in jedem Eingangsbereich ein Kreuz. Mit einer Ausnahme: Das Justizgebäude II wird erst jetzt mit einem ausgestattet. „In den Sitzungssälen haben wir keine Kreuze“, sagt Günther Matt, stellvertretender Pressesprecher des Landesgerichts. Was er persönlich von dem Vorschlag hält, möchte er nicht verraten.

Städte Bayreuth und Kulmbach: Wer meint, die Regelung gelte für jeden Eingangsbereich eines Dienstgebäudes gleichermaßen, der irrt. Denn keine Regel ohne Ausnahmen: Kommunen, Landkreise und Bezirke können selbst entscheiden, ob sie Kreuze in den Eingangsbereichen aufhängen oder nicht. Da Städte nicht verpflichtet sind, Kreuze in Eingangsbereiche aufzuhängen, hat sich die Stadt Bayreuth bisher mit dem Kreuz-Thema nicht auseinandergesetzt. Wir haben uns nicht verpflichtet gefühlt, ein Kreuz aufzuhängen, da wir keine staatliche Einrichtung sind“, sagt Bayreuths Pressesprecherin Kerstin Dettlaff-Mayer. Den Mitarbeitern stünde es frei, in den Dienstzimmern Kreuze aufzuhängen. Auch die Stadt Kulmbach sieht sich als kommunale Behörde von dem Kreuz-Erlass nicht betroffen, insofern wurde das bei uns bislang auch nicht thematisiert.

VG Creußen: So hält es auch die Verwaltungsgemeinschaft Creußen, wie Bürgermeister Martin Dannhäußer sagt. „Die Kreuze waren bisher noch kein Thema in den Gemeinderäten“, sagt Dannhäuser. Seit der 650-Jahr-Feier vor 15 Jahren hänge im Sitzungssaal ein ökumenisches Kreuz. Ansonsten „sind wir erwachsen genug, um selbst zu entscheiden, wo wir Kreuze aufhängen.“

Kliniken: Trotz des Beschlusses muss auch in Kliniken und Krankenhäusern kein Kreuz aufgehängt werden - sofern intern keine anderen Entscheidungen getroffen wurden. Frank Schmälzle, Pressesprecher des Klinikum Bayreuth erklärt: „Wir sind ein kommunales Krankenhaus und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), keine staatliche Institution.“ Insofern sei das Klinikum nicht von dem Beschluss nicht betroffen, der ab Freitag Inkrafttreten wird.

Uni Bayreuth: Die Kreuz-Verordnung gilt verbindlich für Landesbehörden. Für Körperschaften des Freistaates Bayern, zu denen auch die Universität Bayreuth gehört, hat sie empfehlenden Charakter. Genaue Ausführungsbestimmungen seien nicht erlassen worden, wie Anja-Maria Meister, Pressesprecherin der Universität Bayreuth, mitteilt. Die Universität Bayreuth sei wie alle anderen Landesuniversitäten sowohl Behörde als auch eine Körperschaft und hat die Empfehlung des Ministerpräsidenten zur Kenntnis genommen.

Bezirk Oberfranken: Der Bezirk Oberfranken ist als Kommune nicht direkt von dem Kreuz-Beschluss betroffen. Dieser bezieht sich auf staatliche Dienstgebäude.

„Beim Bezirk Oberfranken hängen in den öffentlichen Sitzungssälen und Besprechungsräumen schon seit vielen Jahren etliche Kreuze“, sagt Christian Porsch, Pressesprecher des Bezirks Obefranken. Daher sehe der Bezirk Oberfranken keine Veranlassung, weitere Kreuze anzuschaffen.

Schulen: Für Schulen besteht aufgrund des Kreuz-Beschlusses kein Handlungsbedarf. Die Bestimmungen des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes regeln in Artikel 7 die Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern an Grundschulen, Mittelschulen und Förderzentren, wie Julia Graf vom Kultusministerium des Freistaates Bayern mitteilt. Graf sagt: „Diese Bestimmungen bleiben von der Änderung der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern, wie sie am 22. Mai im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht wurde, unberührt.“ Auch andere Schulen wie etwa Realschulen und Gymnasien konnten sich bisher an dieser Regelung orientieren - „insofern herrscht hier kein neuer Regelungsbedarf.“

Regierung von Oberfranken: Als Behörde des Freistaates Bayern gilt für die Regierung von Oberfranken die „Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern“. Deshalb müsse auch dort im Eingangsbereich als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz angebracht werden, wie Pressesprecher Jakob Daubner mitteilt. Im Eingangsbereich der Regierung von Oberfranken hängt neben der Pforte ein Kreuz.

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