Kabinett beschließt Gesetz Wenn der Ex zum Verfolger wird

Von Elmar Schatz
Eine Frau steht an einer Glasscheibe, dahinter ein Stalker (gestelltes Foto). Stalker können ihrem Opfer das Leben zur Hölle machen. Foto: Angelika Warmuth/dpa Foto: red

In Oberfranken ist vergangenes Jahr in 157 Fällen von Stalking ermittelt worden. Bis zu drei Jahre Haft drohen, wenn jemand einem anderen Menschen beharrlich nachstellt. Aber dafür muss der Stalker das Leben des Opfers erheblich beeinträchtigen - noch. 

 
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Der Schutz für Stalking-Opfer soll verbessert werden; das Kabinett hat am Mittwoch in Berlin ein neues Gesetz beschlossen.

In Bayreuth bietet die Caritas Stalking-Opfern Hilfe an. Diplom-Sozialpädagogin Gunhild Scheidler von der zuständigen Interventionsstelle erklärt, die Hilfe der Caritas werde ausschließlich über die Polizei vermittelt.

Es sei daher sinnvoll, dass sich das Stalking-Opfer an die Polizei wendet, die wiederum den Kontakt zu der Interventionsstelle vermittelt, die sich generell um Opfer häuslicher Gewalt kümmert und beim Frauenhaus angesiedelt ist. 80 Prozent der Stalking-Opfer sind Frauen, erklärt Scheidler.

Eine polizeiliche Anzeige sei wichtig und ein gutes Mittel, um dem Stalker seine Grenzen aufzuzeigen, sagt Scheidler. „Stalker haben kein Unrechtsbewusstsein“, erklärt sie.

Scheidler berät Opfer. So empfiehlt sie den von Stalkern Verfolgten, ein zweites Telefon mit Geheimnummer anzuschaffen, aber das erste Telefon beizubehalten und den Klingelton auf stumm zu stellen – „dann kann er telefonieren ohne Ende“.

Betroffene sollten stets zur Polizei gehen; diese schaltet nur dann eine der bayernweit eingerichteten Interventionsstellen ein, wenn das Opfer mit der Weitergabe von Name und Daten einverstanden ist.

Scheidler informiert Hilfesuchende über deren rechtliche Möglichkeiten und spricht mit ihnen  über die psychischen Folgen des Stalkings. Oft sei es für das Opfer nicht leicht, konsequent jeden Kontakt abzubrechen, handele es sich beim Stalker doch nicht selten um den Ex-Partner.

Polizei rät: Kontaktversuche komplett ignorieren

Wer gestalkt wird, muss schnell handeln – und dem Verfolger unmissverständlich klarmachen, dass er jetzt und auch in der Zukunft keinerlei Kontakt mehr haben möchte.

„Das heißt aber auch, sich nicht auf ein letztes Gespräch einzulassen – und danach jegliche Kontaktversuche komplett zu ignorieren“, sagt Andreas Mayer, Leiter der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und das Bundes in Stuttgart.

Stalking-Opfer sollten keine SMS des Täters beantworten und alle Anrufe wegdrücken, rät Mayer. Außerdem sollten die Stalking-Opfer ihre Partner, Freunde, Verwandten und eventuell auch Kollegen über ihren Stalker informieren.

Das schrecke womöglich den Täter ab, und das Umfeld nehme vielleicht etwas wahr, das dem Opfer sonst verborgen bleibt – etwa, wenn der Stalker ums Haus schleicht.

Alles genau dokumentieren

Das Stalking-Opfer sollte Anrufe, Mails oder andere Nachrichten sowie Besuche und Geschenke mit Datum und Uhrzeit genau dokumentieren. Die Polizei nehme dann erst einmal Kontakt zu dem Beschuldigten auf, erklärt Mayer. „Das veranlasst manche schon zum Aufhören.“

Stalking-Opfer muss sein Leben nicht ändern

Stalking ist in Deutschland bereits seit 2007 strafbar; allerdings gibt es Gesetzeslücken. Der Stalking-Paragraf verlangt bisher, dass der Täter die Lebensgestaltung des Opfers „schwerwiegend beeinträchtigt“ hat.

Wenn das Opfer trotz der Nachstellungen sein Leben wie bisher weiterführte, konnte die Tat nicht als Stalking bestraft werden. Künftig soll Stalking auch dann strafbar sein, wenn das Opfer dem Druck nicht nachgibt und sein Leben nicht ändert.

Es dürfe nicht sein, dass „man zum Beispiel erst umziehen muss, damit ein Stalker strafrechtlich belangt werden kann“, sagt Justizminister Heiko Maas (SPD).

Der Begriff Stalking kommt aus der Jäger-Sprache, er bedeutet anpirschen. Stalker belästigen ihre Opfer etwa durch ständiges Auflauern, Ausspionieren, Anrufen oder durch Drohungen.                                                                                                              

Mit Material von dpa, kna

Info: In Oberfranken ist vergangenes Jahr in 157 Fällen von Stalking ermittelt worden – im Vergleich zu 174 Fällen im Jahr davor (minus 9,77 Prozent), teilt das Polizeipräsidium in Bayreuth auf Anfrage mit. „Als spektakulär kann aus unserer Sicht keiner der Fälle bezeichnet werden“, erklärt Pressesprecher Alexander Czech.

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