Jung, männlich, Schulschwänzer

Thorsten Gütling und Uwe Renners
Zwei Mal mussten die Beamten der Bayreuther Polizeiwache im Schuljahr 2014/15 und im laufenden Schuljahr Schüler von zu Hause in die Schule begleiten. Die Stadt hat insgesamt 47 Bußgeldbescheide im vergangenen Jahr verschickt. Meist sind es junge Männer, die lieber im Bett bleiben. Foto: Arno Burgi/dpa Foto: red

Der Bayreuther Schulschwänzer ist männlich, Berufsschüler und ohne Ausbildungsplatz. Naja, zumindest in den meisten Fällen. 47 Mal hat die Stadt Bayreuth im vergangenen Jahr Bußgeldbescheide gegen Schulschwänzer erlassen. Nur die Spitze des Eisberges, wie Günther Weber, der Leiter des städtischen Schulamts, sagt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die allermeisten Schulschwänzer sind dem Schulamt nicht bekannt. Erst einmal versuchten die Schulen, alle Möglichkeiten der Schulordnung auszuschöpfen, um Schulschwänzer zu erziehen. Durch Gespräche, Elternbriefe und Verweise zum Beispiel. Erst wenn das alles nichts hilft, meldet die Schule den Schulschwänzer an die Stadtverwaltung. Wegen des Verstoßes gegen die Schulpflicht.

Dabei wird unterschieden: Ist der Schüler strafmündig, also mindestens 14 Jahre alt, oder nicht? Bei jüngeren Schülern sei oft das Elternhaus für das Schule schwänzen verantwortlich. Von erzieherischen über religiösen Gründen bis hin zu verlängerten Urlaubsfahrten sei alles dabei, sagt Schulamtsleiter Weber. Für Letzteres riskieren die Eltern ein Ordnungsgeld von rund 100 Euro. Zeigen sich die Eltern nicht einsichtig, kommt es vor, dass Mitarbeiter des Schulamtes gemeinsam mit der Polizei die Schüler von zuhause ab und begleiten sie zur Schule. "Zwei bis drei Mal im Jahr kommt das schon vor", sagt Weber. Das bestätigt auch Jürgen Stadter von der Bayreuther Polizei. Zwei Mal mussten die Beamten im Schuljahr 2014/15 und im laufenden Schuljahr Schüler von zuhause in die Schule begleiten. "Die Schulpflicht wird in unserer Region noch wahrgenommen", sagt Stadter. Schulschwänzer werden vonseiten des Bildungsministeriums nicht statistisch erfasst, nur die Polizei führt Buch darüber.

Weniger hoch fällt die Strafe aus, wenn die Schüler älter sind und ohne Wissen der Eltern dem Unterricht fern bleiben. Pro geschwänzten Tag sieht die Verordnung der Stadt ein Bußgeld in Höhe von 25 Euro vor. Weber sagt: "Zu glauben, wir würden hier Kasse machen, ist ein absurder Gedanke. Da hätten wir alle unseren Job verfehlt." Einzig und allein der erzieherische Aspekt stehe im Vordergrund. Daher würden einem Bußgeldbescheid einige Gespräche mit dem Schüler vorausgehen. Wie zum Beweis würden Bußgelder in vielen Fällen auch in gemeinnützige Arbeitsstunden umgewandelt.

Und dennoch: 47 Mal halfen alle erzieherischen Maßnahmen nichts. So oft hat die Stadt tatsächlich Bußgeldbescheide gegen Schüler und Eltern erlassen. In 80 Prozent der Fälle traf es Schüler der Berufsschulen. Schulamtsleiter Weber sagt: "Das sind vor allem Schüler, die keinen Ausbildungsplatz haben und vergessen, dass die Schulpflicht in Bayern grundsätzlich zwölf Jahre dauert." Und unter den Schulschwänzern haben die Jungs die Nase vorn. Wenn auch nur ganz leicht.

Schulschwänzer müssen aber nicht grundsätzlich faul sein. Die Gründe, warum Schüler nicht zum Unterricht erscheinen, können auch ganz anders begründet sein. Das weiß Roland Schuck, Leiter der Staatlichen Schulberatung für Oberfranken: "Das kann Angst vor Klassenkameraden oder vor einer Lehrkraft sein. Das kann auch mit Problemen auf dem Schulweg zusammenhängen." Am heutigen Dienstag veranstaltet zum Beispiel die Landeszentrale für Gesundheit  einen Fachtag mit dem Thema "Schulvermeidung und Schulangst" in Nürnberg. Dort tauschen sich heute Schulpsychologen, Ärzte, Polizisten und Lehrer über die Praxis und Präventionsmaßnahmen aus. Sie diskutieren, wie sie noch besser zusammenarbeiten können, damit die Zahl der Kinder, die sich dem Unterricht verweigern, abnimmt. 

Bilder