Jugendmigrationsdienst Helfen beim Wurzelschlagen

Wer junge Flüchtlinge als Migrationshelfer unterstützt, hat eine große Bandbreite an Aufgaben zu bewältigen. Foto: /Peter Steffen/dpa

Nach einer Pause begleitet die Geschwister-Gummi-Stiftung wieder junge Menschen mit Migrationshintergrund. Der neue Macher heißt Andreas Beyerlein. Die Erfahrungen mit mit integrierten Geflüchteten motivieren nicht nur ihn. Für die Zukunft plant er einiges Neue.

 
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Beratung zu Sozialleistungen, Hilfe bei Bewerbungen, Begleitung zu Amtsgängen: Der Terminkalender von Andreas Beyerlein war schnell gefüllt und ist es immer noch. Der 41-Jährige hat sein Amt als Ansprechpartner für den Jugendmigrationsdienst der Geschwister-Gummi-Stiftung im August angetreten. Viele Klienten, wie man sie nennt, sowie die Netzwerkpartner im Sektor Migration kennen ihn schon gut. Acht Jahre lang war er engagiert im Projekt „Arbeiten und Lernen“ der Jugendwerkstatt tätig, das Jugendliche verschiedene Berufsfelder erproben lässt. Dabei erfahren sie persönliche Stabilisierung und wachsen in die Arbeitswelt Stück für Stück hinein. Seine vorherige Tätigkeit als Jugendsozialarbeiter an Schulen hat den Sozialpädagogen ebenfalls wertvolle Erfahrungen sammeln lassen.

Neubürger aus aller Welt

So konnte Andreas Beyerlein auf der einen Seite ein Verständnis für die Sorgen und Nöte der jungen Menschen mit Migrationshintergrund zwischen 12 und 27 Jahren entwickeln. Sie kommen aus Syrien, dem Iran, Somalia sowie aus weiteren Staaten der EU und der ganzen Welt. Als Fachdienst begleitet der Jugendmigrationsdienst (JMD) sie durch individuelle Angebote und professionelle Beratung auf dem Weg zur schulischen, beruflichen und sozialen Integration in Deutschland. Es können junge Menschen mit anerkanntem oder offenem Aufenthaltstaus, aber auch aus anderen Beweggründen zugezogene Jugendliche, Männer und Frauen sein. Geflüchtete aus der Ukraine sind noch nicht unter ihnen. „Sie werden alle noch in Sprachkursen und von anderen Stellen unterstützt“, so Andreas Beyerlein. Er schätzt, dass einige von ihnen aber im Frühjahr nächsten Jahres ebenfalls zu Klientinnen und Klienten werden können, wenn sie die ersten Sprachkurse beenden. Die Sprachbarriere könnte möglicherweise geringer ausfallen, da mehr Menschen in der Bevölkerung etwa auch russisch sprechen und übersetzen können. Das erleichtert den schnellen Zugang zu Informationen. Die Themen der individuelle Einzelfallhilfe und Einzelberatungen werden sich jedoch denen anderer Geflüchteter ähneln: Es werde um Aufenthaltsstatus, einen geeigneten Ausbildungsberuf, das Bewerbungsverfahren und weitere schulische Einrichtungen gehen. Auch bei der Entwicklung von Zukunftsperspektiven möchte Andreas Beyerlein unterstützen.

Das System verstehen

Hier zeigt sich, dass sowohl das System als auch die Migrationsnetzwerke selbst sich im Laufe der vergangenen Jahre ein Stück weiterentwickelt haben: Viele Erfolgsbeispiele zeigen, wie gut sich ehemals Geflüchtete in das Berufsleben und sozial integriert haben. Diese Erfahrungen, aber auch Wege in das soziale System geben die Frauen und Männer an ihresgleichen weiter – vor allem in großen Familien, Verwandten- oder Bekanntenkreisen. „So können sie einfacher ein Verständnis für das Sozialsystem und die Arbeitswelt hier aufbauen.“ Die Herausforderung für sie bestehe jedoch darin, sich immer weiter zu motivieren und zu integrieren – auch, wenn es bürokratische Hürden gebe, etwa beim Identitätsnachweis oder der Jobsuche, oder die Kommunikation zwischen Behörden nicht immer gut funktioniere.

Neues Medienprojekt

Dafür stimmt der Austausch zwischen den jungen Menschen: Viele von ihnen bitten Andreas Beyerlein auf Empfehlung eines Freundes oder Bekannten um einen Termin. Das Netzwerk möchte der Sozialpädagoge auch nutzen, um bald ein besonderes Medienprojekt zu starten. Dabei soll es um persönliches Engagement der Jugendlichen und neue Blickwinkel auf ihre Lebenswelt, die Stadt Kulmbach, gehen. Gemeinsam mit den jungen Geflüchteten sollen ab kommendem Jahr regelmäßig Kurzvideos erstellt werden, in denen über Dinge berichtet wird, die für die Jugendlichen selbst – aber auch für alteingesessene Kulmbacher – spannend, witzig und interessant sind. „Ziel ist es auch, dass die jungen Menschen ein Verständnis für unsere Kultur und Lebensweise bekommen“, so Beyerlein. Die Reflexion eigener Werte und Vorstellungen dürfe dabei nicht zu kurz kommen.

„Insgesamt geht darum, die Jugendlichen zu stärken und in ihrer Selbstständigkeit zu begleiten“, erklärt Andreas Beyerlein. „Es hilft ihnen weder, wenn man ihnen alle Aufgaben abnimmt, noch, wenn man sie mit allem alleine lässt.“ Empathie und Verständnis für ihre Lebenssituation helfen ihrem jeweiligen Gegenüber, das richtige Mittelmaß zu finden. Beyerlein blickt positiv in die Zukunft: „Wenn wir alle gemeinsam diesen jungen Menschen eine echte Chance geben, dann wird das für alle Beteiligten wertvoll sein: ein Gewinn für die Arbeitswelt, eine kulturelle Bereicherung und vor allem ein ganz persönliches Leben. Wir unterstützen sie dabei. Jeden einzelnen.“

Kontakt: Der Jugendmigrationsdienst (JMD) der Geschwister-Gummi-Stiftung wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Andreas Beyerlein, Telefon: 09221/ 690 36 16, Mail: jmd@gummi-stiftung.de. Weitere Informationen unter

gummi-stiftung.de/jugendsozialarbeit/jmd/

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