Jeff Maisel: "Man kann die Aufbruchstimmung in der Branche regelrecht spüren"

Jeff Maisel mit seinem Bavarian Ale. Foto: Maisel's Foto: red

Franken hat Brau-Tradition - da dürfen natürlich Craft-Biere auch nicht fehlen, meint Jeff Maisel von Maisel's in Bayreuth.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Herr Maisel, wie definieren Sie den Begriff Craft-Bier?

In den meisten Fällen wird versucht, die Grenze bei der Größe der Brauerei zu ziehen. Ich wähle lieber eine Definition auf emotionaler Ebene: Ein Bier ist ein Craft-Bier, wenn die Liebe und Leidenschaft zum Produkt im Vordergrund stehen. Es wird mit Kreativität, Herzblut und Feuereifer gebraut, um neue Geschmäcker und Nuancen herauszukitzeln oder alte Rezepturen neu zu interpretieren – eine neue Braukultur.

Wenn Craft-Bier auf handwerkliche Fertigung hinweist, gibt es dann dennoch einen Unterschied zwischen traditioneller Braukunst und den erst in den letzten Jahren entstandenen Craftbier-Brauereien?

Gerade bei uns in Franken gab es schon immer nach traditioneller Braukunst hergestellte Bierspezialitäten. Wir haben in unserer Region die höchste Brauereidichte weltweit. Biere wir Kellerbier, Landbier oder Helles zähle ich zu dieser Kategorie ‚traditional craft‘. Die neu entstandenen Craftbrauereien, die ich auch ‚modern craft‘ nenne, zeichnen sich vor allem durch Kreativität, neue Rezepturen, Innovationsfreude und alternative Brauverfahren aus. Ziel ist es, neue Geschmacksvielfalten abseits des Mainstreams zu erreichen. Handwerkliche Traditionsbrauereien sind aus meiner Sicht also nicht automatisch mit Craftbrauereien gleichzusetzen, sie haben aber das Potenzial dazu.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der so genannten Craft-Biere in Deutschland in den letzten 12 Monaten?

Es ist überragend, wie viele Brauer inzwischen voller Inbrunst Craft-Bier brauen. Fast täglich kommen neue Mitstreiter dazu, die den Markt mit uns weiterentwickeln und ständig neue Impulse einbringen. Momentan stehen Craftbiere auf dem deutschen Biermarkt sicherlich noch am Anfang, sie sind aber bereits in aller Munde. Damit aus diesem zarten Pflänzchen ein wirklicher Markt wird, muss allerdings noch viel Überzeugungsarbeit geleistet und auch die Rahmenbedingungen angepasst werden. Wir werden dies aber mit aller Kraft angehen. Es macht einfach riesigen Spaß, ein Teil dieser Bewegung zu sein.

Wo sehen Sie den deutschen Biermarkt in ein paar Jahren? Wie wird sich Craft-Bier weiter entwickeln?

Der Biermarkt wird wohl insgesamt weiter rückläufig bleiben, vor allem zu Lasten von Pilsbier. Traditionelle Spezialitäten wie „Helles“ werden dagegen eine Renaissance erleben. Auch Craft- oder Edelbiere werden ihren Anteil am Markt erarbeiten. Wie hoch dieser sein wird, bleibt abzuwarten. Man kann die Aufbruchstimmung in der Branche jedenfalls regelrecht spüren!

Besonders toll ist, dass durch die Craftwelle bereits verloren gegangene Konsumenten zurück zum Bier gefunden haben. Auch Frauen zählen immer häufiger zu den Craft-Liebhabern. Sie freuen sich über die neue Vielfalt, die es lange Zeit nicht gab.

Entscheidend ist auch, dass wieder positiv über Bier gesprochen wird. Das gab es lange nicht und wird dem Biermarkt insgesamt sicherlich gut tun. Am Ende werden sich die Biere am Markt durchsetzen, deren Brauer sich treu bleiben, die mit Herzblut für die Sache einstehen und die wirklich innovative und außergewöhnliche Biere abseits des Mainstreams anbieten.

Zur Person: Jeff Maisel führt in vierter Generation die mittelständische Familienbrauerei Maisel. Die Liebe zum Bier wurde ihm damit nach eigener Aussage schon in die Wiege gelegt. Seit 2012 ist er mit „Maisel & Friends“ als einer der Vorreiter im Segment der Edel- und Craftbiere in Deutschland unterwegs. Gemeinsam mit anderen Craftbrauern möchte er gern den Markt für Craft-Biere weiterentwickeln. Er wünscht sich, dass es schon bald Craftbierregale im Handel und eigene Bierkarten in der Gastronomie gibt.

red/kfe

Autor

Bilder