Inklusionspreis für die Polizei

Von Norbert Heimbeck
Kerstin Schreppel in ihrem Spezialrollstuhl in der Einsatzzentrale der Polizei. Wilfried Körber lobt den Einsatz der Menschen mit Handicap im Polizeidienst. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Wer in der Nachtschicht arbeitet, weiß: Das ist kein Zuckerschlecken. Kerstin Schreppel hat gerade wieder eine fordernde Zwölf-Stunden-Schicht in der Einsatzzentrale der Polizei in Bayreuth hinter sich. Die 41-Jährige ist wegen einer Wirbelsäulenerkrankung auf den Rollstuhl angewiesen. Schreppel ist eine von mehr als 200 schwerbehinderten Menschen in Diensten der oberfränkischen Polizei.

 
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Deren Präsident Reinhard Kunkel nimmt am 2. Dezember den Inklusionspreis „Joberfolg“ entgegen. Das Präsidium wird bei einer Feier im Nürnberger Rathaus für vorbildliche Integration Behinderter ausgezeichnet. Der Preis „Joberfolg“ wird seit 2005 gemeinsam vom bayerischen Landtag, der Behindertbeauftragten der Staatsregierung und dem Sozialministerium verliehen. „Inklusion am Arbeitsplatz ist ein Gewinn für alle: Arbeitgeber, Arbeitnehmer und die Gesellschaft“, sagt Behindertenbeauftragte Irmgard Badura. Noch nie hätten sich so viele Betriebe um den Preis beworben wie in diesem Jahr, sagt Badura: „Aber gleichzeitig steigt die Zahl derer, die keine einzige Person mit anerkannte Schwerbehinderung beschäftigen.“

Voller Einsatz am Arbeitsplatz

Umso mehr freut sich die Behindertenbeauftragte über das Polizeipräsidium Oberfranken: Mehr als acht Prozent der Beschäftigten sind Menschen mit Handicap. Das sind bei exakt 2630 Mitarbeitern mehr als 200 Betroffene. Und es sind keine beliebigen Beschäftigungsangebote, sondern ernsthafte Aufgaben, die die Behinderten im Polizeidienst erfüllen. Wilfried Körber ist Vertrauensmann für die Belange der Mitarbeiter mit Handicap. Er sagt: „Die Behinderung ist kein Nachteil. Wir setzen die Kollegen entsprechend ihren Fähigkeiten ein. Die Vorgesetzten sind sehr zufrieden mit ihren Leistungen.“

Kerstin Schreppel etwa arbeitet Vollzeit im Schichtdienst. Ein spezieller Steh-Rollstuhl mit Kopfstütze ermöglicht ihr unterschiedliche Körperhaltungen und ausreichend Entspannung in den langen Nächten. In der Zentrale nimmt sie nicht nur Notrufe entgegen. Wenn die Streifenbeamten sie von einer Unfallstelle anfunken, bestellt sie den Abschleppdienst. Oder sie stellt im Computer Warnmeldungen ein, die von den Radiosendern verlesen werden.

Auflage des Gesetzgebers

Warum hat ausgerechnet die Polizei eine so hohe Schwerbehindertenquote? Wilfried Körber: „Der Gesetzgeber sieht vor, dass bei Einstellungen Menschen mit Handicap vorzuziehen sind. Als staatliche Behörde unterstützen wir das natürlich.“ Nicht nur Kerstin Schreppels Leistungen am Arbeitsplatz lobt der Vertrauensmann: „Wir haben in Kulmbach zum Beispiel eine blinde Mitarbeiterin, die im Schreibdienst eingesetzt wird. Sie arbeitet mit einer Braillezeile am Computer und spezieller Software.“ Außer in Bayreuth gibt es auch in Coburg Mitarbeiter, die im Rollstuhl sitzen. Drei gehörlose Kollegen arbeiten ebenfalls im Schreibdienst beziehungsweise in der Werkstatt. Hier kümmern sie sich darum, dass die Ausrüstung der Streifenwagen stets komplett und einsatzbereit ist. Einer der schwerbehinderten Kollegen kann trotz eines Schlaganfalls weiterhin im Vollzugsdienst arbeiten. Körber: „Er macht Innendienst und kann immer noch bei Vernehmungen eingesetzt werden.“

Integrationsamt hilft

Damit der Einsatz von Schwerbehinderten in den Unternehmen klappt, gibt es das Integrationsamt. Diese Abteilung am Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) berät und unterstützt Arbeitgeber bei der Einstellung von Menschen mit Handicap.

Im Polizeipräsidium setzt sich Wilfried Körber für die behinderten Kollegen ein: „Wir sorgen für die entsprechenden Hilfsmittel bei der Arbeit und stellen ihnen Helfer wie etwa Gebärdendolmetscher zur Seite.“

Info: Mit dem Inklusionspreis „Joberfolg 2016“ wird neben dem Polizeipräsidium Oberfranken der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen AG am Standort Passau ausgezeichnet. Dritter Preisträger ist der Kosmetikvertrieb Cobicos in Landshut.

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