Ich kauf in der Region „Einkaufen muss wieder Herzenssache sein“

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Mit der Kampagne „Ich kauf in der Region“ bricht die Verlagsgruppe Hof/Coburg/Suhl/Bayreuth (HCSB) eine Lanze für den stationären Handel. Der Appell an die Verbraucher: Habt einfach wieder Lust, vor Ort einzukaufen – und zwar bei den Menschen, denen ihr vertrauen könnt. Foto: Adobe Stock/jackfrog Quelle: Unbekannt

BAYREUTH. Mit einer neuen Kampagne "Ich kauf in der Region" rollen "Nordbayerischer Kurier", „Frankenpost“ und „Neue Presse“ Coburg dem lokalen Handel den roten Teppich aus. Es geht um mehr als nur kurzfristig bessere Umsätze. Wir sprachen mit Serge Schäfers, Geschäftsführer der Verlagsgruppe HCSB

 
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Herr Schäfers, Ihr Verlag startet eine Aktion mit dem Titel „Ich kauf in der Region“. Warum braucht der Einzelhandel diese Unterstützung?

Serge Schäfers: Als große Verlagsgruppe mit einer engen, gewachsenen Verbindung zu den Tausenden Lesern in unserem Verbreitungsgebiet sehen wir uns als wichtigen Player, der durch seine mediale Präsenz die Region weiterbringen kann. Dabei ist unsere Aktion sicherlich kein „Nothilfeprogramm“ für den leidenden Handel. Das klingt mir zu negativ. Vielmehr wollen wir Kräfte bündeln und Akteure zusammenbringen. Klar ist: Der stationäre Handel muss sich angesichts der großen Macht der Internetgiganten neu aufstellen. Dabei können wir ein wichtiger Partner sein. Unsere Aktion ist somit ein weiterer Puzzlestein, um die Region gemeinsam mit vielen anderen weiterzuentwickeln.

Hat der lokale Einzelhändler oder der Direktvermarkter vor Ort tatsächlich noch eine Chance gegen das bequeme, meist auch billigere Einkaufen im Internet?

Schäfers: Der regionale Handel ist ja oft schon online, doch das Geschäft im Internet konzentriert sich dennoch auf Amazon und Co. – fälschlicherweise. Und da bin ich der Überzeugung, dass man gegensteuern muss und gegensteuern kann. Dazu braucht es aber keine Kriegserklärung an die großen Online-Händler. Das kann man auch mit Charme tun – und dem notwendigen Quäntchen Enthusiasmus.

Was dann zu einer Kehrtwende, zu einem Mentalitätswechsel beim Verbraucher führt?

Schäfers: Grundsätzlich geht es ja noch um viel mehr als schnell mal etwas bessere Umsätze. Hinter der lokalen Wirtschaft stecken auch Ausbildungs- und Arbeitsplätze oder die Vermietung von Immobilien und damit auch weniger Leerstand. Die Menschen, also die Konsumenten, müssen verstehen, wie wichtig ein gesunder lokaler Markt ist. Denn deren Kinder wollen ja vielleicht später auch mal eine Ausbildung in der Region machen. Deshalb geht es um den Erhalt einer kompletten wirtschaftlichen Struktur, die unsere Lebensbasis bildet. Und dafür können die Verbraucher selbst etwas tun. Der Handel vor Ort ist eine bedeutende Wirtschaftskraft, von der vieles für uns abhängt.

Sie appellieren also an die regionale Verbundenheit, aber auch das Gewissen der Bevölkerung.

Schäfers: Natürlich. Die Frage ist ja auch: Wollen wir ständig Abertausende Pakete durch das Land fahren lassen? Und das Ganze mit einem gewaltigen CO2-Fußabdruck? Dieser Aspekt ist für mich mehr als nur ein Trend. Es gibt viele plausible Gründe, dass wir unseren Handel vor Ort wieder stärker ins Auge fassen – und unserer Region mit Sympathie begegnen. Dies wollen wir auch durch die Bildsprache unserer Kampagne zum Ausdruck bringen. Als in der Region fest verankerte Zeitungsgruppe zeigen wir, welche Qualitäten es hier gibt und welche Menschen dahinterstehen.

Das heißt: Die Schätze derRegion sichtbarer machen?

Schäfers: Im Prinzip haben wir so viel gute Ware, die bei uns produziert wird, dass man sich wirklich die Frage stellen sollte: Kaufe ich nicht lieber die Äpfel und Kirschen aus der Region – oder muss es wirklich die Kiwi aus Übersee sein? Und warte ich vielleicht einfach mal, bis die Saison für bestimmte Früchte da ist? Wenn wir neben dem regionalen auch noch das saisonale Einkaufen berücksichtigen, ist das eine sehr nachhaltige Einstellung. Und genau das trifft ja auch das Herz der Genussregion Oberfranken mit ihrer unglaublichen Reichhaltigkeit an Lebensmitteln und Waren. Durch unser Verhalten als Konsumenten können wir sicherlich einen Beitrag dazu leisten, dass die Händler vor Ort nicht in einen Preiskampf gezwungen werden – den sie verlieren werden und der das Ende von Qualität und Arbeitsplätzen bedeutet.

Doch bei der Warenvielfalt wird der stationäre Handel niemals einem Vergleich mit dem Internet standhalten können.

Schäfers: Sicherlich, aber dafür gibt es die soziale Komponente. Wenn ich in einen Laden gehe, dann ist dort jemand, mit dem ich als Kunde reden kann und der mich berät. Das ist viel mehr wert als ständig anonymes Online-Bestellen. Einkaufen muss wieder Herzenssache sein. Als Zeitungsgruppe begeben wir uns gerne in die Rolle, den Menschen mit einer gezielten Kampagne klarzumachen: Habt einfach wieder Lust, vor Ort einzukaufen. Und zwar bei den Leuten, die ihr kennt, auf die ihr euch verlassen könnt und die euch beim Namen kennen. Wir müssen wieder weg vom reinen Preisvergleich, hin zu einem Einkaufserlebnis, das der reine Online-Händler so nicht bieten kann.

Aber das Einkaufsverhalten wird eine Generationenfrage bleiben.

Schäfers: Natürlich überwiegt bei den Jüngeren, die mit den digitalen Medien aufgewachsen sind, das schnelle und einfache Shopping im Internet. Aber das soziale Momentum kann man bei allen Altersschichten ansprechen. Freilich kann man einen gewohnheitsmäßigen Online-Käufer nicht über Nacht zum Vor-Ort-Käufer machen. Dennoch gibt es bei vielen Menschen einen Trend zu mehr regionalem Bewusstsein und lokaler Identität. Dieses Motiv möchten wir ansprechen. Und wenn viele Player aus Politik und Gewerbe mitmachen, kann eine Region viel aus sich selbst heraus bewegen. Wir als Tageszeitung möchten dabei ein wichtiger Akteur sein.

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