Hunderte Helfer aus der Stadt und dem Landkreis kämpfen in Sachsen und Bayern gegen die Fluten Bayreuther springen in die Bresche

Von Michael Weiser

Bayreuths Spezialisten springen in die Bresche: Hunderte Feuerwehrleute, Spezialisten von THW und Rotem Kreuz sowie Bundespolizisten aus Stadt und Landkreis helfen in Überschwemmungsgebieten in Sachsen, Rosenheim und Deggendorf.

 
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„Das hier ist eine einzige Wasserwüste“, berichtet Wolfgang Maisel (59). Mit seinen Männern aus Bad Berneck versucht er seit gestern vormittag in der Nähe von Deggendorf, die Wassermassen der Donau einzudämmen. Die Oberfranken füllen und stapeln Sandsäcke, um Niederbayern vor dem Schlimmsten zu bewahren.

Es ist ein Einsatz, den man nur Menschen zumuten kann, die tatkräftige Hilfe für andere gewohnt sind. Um elf Uhr abends hat Maisel den Anruf bekommen: Wer mitfahren könnte, in Richtung Süden, um zu helfen. Dann hat er angefangen, seinen Trupp zusammenzutrommeln. Um zwei Uhr hat der Ruf nach Unterstützung die Freiwilligen aus den Federn gerissen, um drei Uhr sind Maisel und seine Leute nach Bayreuth aufgebrochen, um dann zusammen mit den Kollegen aus Bayreuth und sechzehn Gemeinden nach Deggendorf zu eilen. „Wenn man sieht, was da los ist, überlegt man nicht lange“, sagt Maisel. Nach einer durchkämpften Nacht hört er sich an wie aufgeputscht. „Wenn man in seiner Clique ist, dann geht das.“ Zusammenhalt gilt auch für die Oberfranken in Sachsen. Als Reinhard Borges (56) ans Telefon kommt, um über seine Erlebnisse zu berichten, hat er gerade eine Bootsfahrt hinter sich. Eine kleine Ortschaft ist abgeschnitten gewesen, und Borges hat dort nach dem Rechten sehen müssen – die Aufregung könnte Menschen mit schwachem Herzen töten. Also hat er sich mit Helfern in einem Schlauchboot auf den Wasserweg gemacht. „Das macht man auch nicht alles Tage“, sagt der Arzt. „Man ist sehr gespannt, weil der Bootsführer auch nicht weiß, wo Zäune sind, die den Boden aufschlitzen könnten.“

Bayreuth hat Glück gehabt, ist womöglich um Haaresbreite einem Hochwasser entkommen (siehe Info unten). Für die Spezialisten in der Stadt und im Landkreis kein Grund, sich zurückzulehnen. Die Bundespolizei hat sich auf den Weg nach Leipzig gemacht, fünf Züge der Feuerwehren aus Stadt und Landkreis sind nach Niederbayern gefahren, Pegnitzer THW-Leute helfen in Regensburg, die Wasserwacht in Rosenheim.

Für die Bundespolizei ist es der vorläufige Höhepunkt einer sehr anstrengenden Woche. „Erst Blockupy in Frankfurt, dann zurück nach Bayreuth, dann gleich weiter nach Sachsen“, berichtet Anton Engelbrecht, (59), Hundertschaftsführer an einem der am stärksten gefährdeten Punkte an der weißen Elster. „Wir wurden am Sonntag alarmiert“, sagt Sprecher Veit Diettrich (44). Die Abteilung Bayreuth ist mit „allen Kräften“ zur Unterstützung der Kollegen der Polizeidirektion Leipzig herangeeilt, nun müssen sie mit sanftem . Druck auf die Menschen einwirken. „Die Leute gehen nicht gerne aus dem Haus, aber das kann man verstehen “, sagt Engelbrecht

Fast 200 Männer und Frauen zählen die fünf Züge der Feuerwehr inklusive der Helfer des Technischen Hifswerks und des Roten Kreuzes, sie bringen, was im Kampf gegen das Hochwasser die Entscheidung bringen kann: Rund 120 000 Sandsäcke und die Technik, die Säcke schnell zu befüllen. Die Wehrleute arbeiten hart, dennoch drohen sie zwischendrin, den Kampf zu verlieren. „Die Situation ist dramatisch“, meldet einmal der Kontingentführer Adolf Mendel aus Deggendorf. Da ist gerade die Nachricht eingetroffen, dass der Damm an zwei Stellen gebrochen sei. Wie sich das auswirken wird, ob die Nachricht stimmt – niemand will sich zunächst festlegen. Die Kommunikation ist schwierig, manchmal haben die Handys keinen Empfang, oft ist es auch schier unmöglich, an den Ort des Geschehens zu gelangen. Man kann auch nicht sicher sein, wann alles vorbei ist. Gestern Mittag stand den Niederbayern und Regensburgern der Höchststand der Flut noch bevor, es könnte sein, dass die Helfer bis Donnerstag bleiben.

Immerhin, in Sachsen wie in Niederbayern haben die Spezialisten schon erkennbar Routine und Übersicht. „Gemessen an den chaotischen Umständen haben die Kräfte vor Ort die Situation sehr gut im Griff“, meldet etwa Bundespolizist Engelbrecht. Die Feuerwehrkommandanten berichten Ähnliches von der Donau.

So mancher Oberfranke hat allerdings schon vor der Abfahrt vorgesorgt gehabt. Wolfgang Maisel zum Beispiel. Von Mitternacht bis zum Morgen hat er nicht nur mit seinen Leuten telefoniert, der Metzgermeister und Kommandant hat sogar noch den Marschproviant für seine Leute vorbereitet.

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