Hochprozentiges aus Oberfranken

Von Christopher Michael

Gin, Obstgeist und Whisky: Edle Spirituosen werden bei Genießern immer beliebter. Viele kleine Brennereien folgen dem Trend - auch in Oberfranken.

 
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James Bond tut es seit mittlerweile fast 64 Jahren – natürlich geschüttelt, nicht gerührt. Vincent van Gogh huldigte ihm in Form der „grünen Fee“ Absinth - mit den bekannten Exzessen. Und auch die frühere britische Königin-Mutter Queen Mum schwörte bis ins hohe Alter auf den täglichen Genuss von einem Gläschen Schnaps.

Nach einer langen Durststrecke befindet sich die Spirituosenbranche aktuell wieder im Aufwind. Seit Mitte der 90er-Jahre war die Zahl der Betriebe, der Beschäftigten und auch die Höhe der Umsätze kontinuierlich zurückgegangen. Mit neuen Modegetränken und gleichzeitig der Rückbesinnung auf die hohe Handwerkskunst punkten die Schnapshersteller nun wieder.

Ähnlichkeiten sieht Bernd Sauer, Kuratoriumsvorsitzender der Genussregion Oberfranken, zur aktuellen Craftbier-Welle. „Es gibt Millionen Wege, Bier zu brauen“, sagt er. „Bei Brennereien ist das nicht anders.“ Diesen Trend spüren auch die einheimischen Betriebe. Sie versuchen, sich mit Produkten wie „Stonewood Whisky“ aus dem benachbarten oberpfälzischen Steinwald oder Fichtelgold-Schnaps aus dem Fichtelgebirge regional aufzustellen.

499 Brennereien in Oberfranken

Genau 499 Brennereien gibt es in Oberfranken. Das wisse Sauer von Fritz Sponsel, der selbst ein Brennerei-Gasthaus in Kirchehrenbach im Landkreis Forchheim betreibt. Das Zentrum der oberfränkischen Schnaps-Kultur liegt schon seit Jahrhunderten im Süd-Westen. „In der Fränkischen Schweiz spielt der Obstanbau seit über 1000 Jahren eine bedeutende Rolle“, erklärt Sauer. „Brennereien sind ein wesentliches Merkmal für die Genussregion.“ Es gebe in Oberfranken eben pro Einwohner nicht nur die meisten Metzgereien, Bäckereien und Brauereien, sondern auch die meisten Teichwirte und eben Brennereien, betont er.

Dank der vielen Streuobstwiesen liegt es nahe, dass sich die Hersteller in der Gegend um Forchheim vor allem auf Obstbrände und alles, was mit Früchten zu tun hat, spezialisiert haben.

Kräuter dominieren

Anders im Fichtelgebirge. Hier dominieren klar die Kräuter, sagt Gerhard Kastl, der in der mittlerweile fünften Generation eine kleine Schnapsmanufaktur in Weißenstadt betreibt. „Mit dem Know-how von heute arbeiten wir noch genauso wie vor 150 Jahren“, sagt Kastl.

Auf eine Sache legt er großen Wert: „Ich bin Destillateur“, sagt er, während er den Inhalt einer großen Kanne in die Brennkammer gießt. Im Unterschied zu Brennern, erklärt Kastl, stelle er selbst keinen Alkohol her. Stattdessen lege er etwa Beeren und Kräuter für mehrere Wochen in zugekauftem Alkohol ein – im Fachjargon heißt das mazerieren – und destilliert das Gemisch anschließend mehrmals. 

Im Fichtelgebirge wachsen rund 1700 verschiedene Kräuter, weiß Kastl. Verwendung finden in der Regel jedoch nur einige Dutzend: darunter befinden sich wahre Klassiker wie Bärwurz, Kümmel und Arnika. Doch auch Beeren wie Wacholder-, Vogel- und Brombeeren finden ihren Eingang in die Spirituosen-Kompositionen.

Mit der Sichel über die Wiesen

Die Zutaten für seine Schnäpse bezieht Kastl zum größten Teil direkt aus dem Fichtelgebirge, wie er sagt. Hierzu arbeite er unter anderem mit verschiedenen Biobauern oder Kräuterfrauen zusammen, die ihm die Zutaten für seine Schnäpse zuliefern. Manchmal jedoch greift er selbst zur Sichel und wandert über Wiesen, um die Kräuter zu sammeln. Für ein Mazerat brauche es jedoch gar nicht  allzu viel davon. „Getrocknete  Kräuter schmecken sehr stark“, sagt Kastl. „Schon winzige Auszüge reichen.“

Der Anbau der Rohstoffe für die Schnaps-Produktion und ihre Weiterverarbeitung zur Spirituose hat laut Fachmann Sauer durchaus eine wirtschaftliche Komponente. „Jede Form von Veredelung ist wichtig, um Arbeitsplätze in der Region zu halten“, sagt er. Das gehe sogar so weit, dass der Schnaps in Confiserien für die Pralinen-Produktion herangenommen werde.

Durchschnittlich gebe jeder Verbraucher pro Jahr 3000 Euro für Lebensmittel aus, rechnet der Kuratoriums-Vorsitzende vor. Bei rund einer Million Menschen, die in Oberfranken wohnen, kämen so knapp drei Milliarden Euro zusammen. Wenn nur ein Bruchteil der Wertschöpfung in der Region bliebe, wäre das für die Wirtschaftskraft Oberfrankens von großer Bedeutung, lautet Sauers Rechnung.

In Berliner Bars zu finden

Auch über die Grenzen Oberfrankens hinaus machen die Spirituosen aus Fichtelgebirge, Frankenwald und Fränkischer Schweiz von sich reden und tragen damit auch zu höheren Absatzzahlen der Branche bei. Früher habe er einen ganz normalen Wacholder-Schnaps im Repertoire gehabt, erklärt Gerhard Kastl. „Ich wollte ihn schon fast aus dem Sortiment nehmen.“ Bis ein Kunde ihn auf die Idee gebracht habe, einen Gin zu kreieren. „Ein Jahr hat das gedauert“, sagt Kastl. Doch mittlerweile hat sein Gin sogar seinen Weg in Berliner Bars gefunden“, freut sich der Schnaps-Produzent.

 Gin war es übrigens auch, der Queen Mum zwar nicht das ewige Leben, aber zumindest Rüstigkeit und Gesundheit bis ins hohe Alter bescherte. Zumindest, wenn man der Boulevardpresse Glauben schenken mag. Immerhin: Die rüstige Seniorin starb erst mit 101 Jahren.

 

Brand, Obstwasser, Likör: das steckt dahinter

Wann sich ein Schnaps Brand, Obstwasser oder Likör nennen darf, liegt vor allem an der Art seiner Herstellung.

  • Likör: Er muss mindestens 15 Volumenprozent Alkohol und einen je nach Sorte unterschiedlichen Mindestgehalt an Zucker aufweisen.
  • Obstbrand: Er ist eine Spirituose, deren Alkoholgehalt mindestens 37,5 Volumenprozent betragen muss. Obstbrand wird ausschließlich durch alkoholische Gärung und Destillation einer frischen fleischigen Frucht, des frischen Mosts dieser Frucht oder von Beeren oder Gemüse gewonnen. Getreidebrände, zum Beispiel Korn oder Whisky, basieren auf Roggen, Gerste, Weizen oder Hafer.
  • Obstgeist: Im Gegensatz zum Obstbrand entsteht der Obstgeist nicht allein durch Destillation bestimmter Früchte. Der Zuckergehalt mancher Obstsorten ist nicht hoch genug, um ihn ordentlich zu vergären. Brennereien mazerieren die frischen Früchte daher mit Landwirtschaftsalkohol – sie weichen die Früchte ein, um deren Aromen in den Alkohol zu überführen.

Quelle: Bundesverband der deutschen Spirituosenindustrie

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