Heuer schon 3700 Einsatzstunden für Transportbegleitung Weniger Schwertransporte für Polizei?

Von Moritz Kircher
Michael Kofer von der Polizeiinspektion Kulmbach sichert einen Schwertransport mit Windradteilen für den Windpark bei Alladorf. Foto: Moritz Kircher Foto: red

Tausende Einsatzstunden fallen bei der Polizei in Oberfranken jedes Jahr an, um Schwertransporte zu begleiten. Das könnten private Firmen genauso gut - das sagen sowohl die beiden Polizeigewerkschaften als auch die Auftraggeber der Schwertransporte. Jetzt muss nur noch die entsprechende Gesetzesänderung her.

 
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Donnerstagmorgen, 9 Uhr. Am Autobahnparkplatz Paradiestal an der A70 stehen acht Schwertransporte zur Abfahrt bereit. Sie haben tonnenschwere Betonteile für einen Windpark bei Alladorf (Thurnau) geladen. Über Funk sprechen sich fünf Polizisten der Polizeiinspektionen Kulmbach und Bayreuth mit den Begleitfahrern des Transports ab. Dann setzt sich der Konvoi in Bewegung. „Wir fahren hier schon seit Mitte August“, sagt der Kulmbacher Polizist Michael Kofer. Wenn es nach dem Willen der Polizeigewerkschaften und der Bundesregierung geht, würden solche Transporte bald ohne Polizeibegleitung rollen.

Von Januar bis Juli 3700 Einsatzstunden für 1000 Schwertransporte

Die oberfränkische Polizei hat von Januar bis Juli dieses Jahres bereits 1000 Schwertransporte begleitet. 3700 Einsatzstunden sind dafür angefallen, teilt das Polizeipräsidium Oberfranken auf Anfrage mit. „Der überwiegende Teil der Transportbegleitungen war unstrittig für die Windkraftanlagen erforderlich“, sagt Präsidiumssprecher Alexander Czech. Pro Windrad sind es rund 50 Einzeltransporte, die die Polizei sichern muss.

Diese Einsätze bekommen die Auftraggeber nicht geschenkt. 200.000 Euro hat die Polizei für die Einsätze in Rechnung gestellt. Nichtsdestotrotz können die Polizisten in dieser Zeit nichts anderes machen. Das sei „nicht nur für die kleinen Dienststellen ein personelles Problem“, sagt Czech.

Kleine Dienststellen manchmal komplett lahmgelegt

Auf Druck der Polizeigewerkschaften soll nun eine Gesetzesänderung her. Wie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung vor einigen Tagen berichtete, plant Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eine Forderung der Polizei zu erfüllen und die Sicherung privaten Firmen zu überlassen.

„Das ist überfällig“, sagt Hermann Benker, Personalrat beim Polizeipräsidium Oberfranken und Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Kleine Dienststellen seien durch die Transportbegleitungen teils komplett lahmgelegt. „Die Kollegen, die hinter Schwertransporten herzuckeln, können nicht in Wohngebieten Einbrüche verhindern“, sagt Benker.

Gewerkschaft: So billig wäre es in der freien Wirtschaft wohl nicht

Ganz ähnlich sieht es Peter Schall, Landesvorsitzender bei der zweiten Polizistenvertretung, der Gewerkschaft der Polizei. „Wir sind froh, wenn wir da entlastet werden“, sagt er. Die Polizei solle nur noch in Ausnahmesituationen eingesetzt werden, fordert er. „Wenn es um gewöhnliche Schwertransporte geht, werden das private Firmen genauso gut machen können.“ Lediglich wo massive Eingriffe in den Straßenverkehr notwendig seien, sieht Schall weiterhin die Polizei gefordert.

3700 Einsatzstunden für 200.000 Euro – damit kostet eine Einsatzstunde der Polizei rund 54 Euro. „So billig wie unsere Begleitung wäre es in der freien Wirtschaft wohl nicht“, schätzt Hermann Benker. Und trotzdem rennen die Polizeigewerkschaften zumindest bei Windrad-Unternehmen mit ihrer Forderung offene Türen ein.

Wenn die Polizei zum Einsatz muss, steht der Schwertransport rum

„Wenn Transporte nicht rausgehen können, hat das immense Folgen“, sagt Felix Rehwald von Enercon. Das Unternehmen betreibt auch ein Werk in Hof. Die Absprachen mit der Polizei funktionierten in der Regel gut. Aber es komme immer wieder vor, dass die eingeteilten Beamten spontan zu Einsätzen gerufen werden. Dann steht der Transport. Dadurch seien Enercon bundesweit im vergangenen Jahr 830 Tage Baustellenverzug entstanden – mit Kosten von 3,5 Millionen Euro.

Rehwald: „Das ist ein erhebliches Problem, und es gibt Alternativen.“ Der gleiche Sicherheitsstandard könne mit privaten Begleitfahrzeugen gewährleistet werden. Das hätten Pilotprojekte gezeigt, die seit 2002 in Norddeutschland laufen.

Speziell geschultes Privatpersonal soll die Schwertransporte sichern

Die gleiche Einschätzung bei Ostwind. Das Windrad-Unternehmen aus Regensburg baut derzeit mehrere Anlagen im Landkreis Bayreuth. „Wir sehen das durchaus positiv“, sagt Ostwind-Sprecher Christoph Markl-Meider. Die Sicherheit der Transporte könne genauso durch geschultes Personal gewährleistet werden. „Die Polizei hat besseres zu tun, als Dinge zu machen, die man auch anders organisieren kann.“

Knapp zwei Stunden hat die Transportbegleitung vom Autobahnparkplatz Paradiestal bis zur Baustelle bei Alladorf gedauert. Gut möglich, dass Michael Kofer und seine Kollegen von der Polizei bald nicht mehr vor oder hinter Schwertransporten herzuckeln müssen. „Eine Entlastung wäre das schon“, sagt der 58-Jährige. „In den drei bis vier Wochen, in denen jetzt Teile für die Baustelle angeliefert werden, habe ich mehr Transportbegleitungen gemacht, als in meinem ganzen bisherigen Berufsleben.“

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