Die Georgierin, die heute an der Musikhochschule Frankfurt lehrt, hat Stil: einen einfachen. Brillant spielen kann sie, zweifellos; ihr Spiel ist, rein technisch betrachtet, fast makellos wie ein kalter Diamant. Wo andere Klavierspieler Notentexte ernstnehmen, ignoriert sie erstaunlich systematisch die Vortragsbezeichungen: im Dienste einer Brillanz, die das Publikum zu Begeisterungsstürmen animiert. An diesem Abend kann sie nur Eines: sehr laut, sehr staccato. Sie setzt Chopin einem kristallinen Härtetest aus, den er nicht überlebt. Die Berceuse, also das Wiegenlied Des-Dur op. 57 ist knochentrocken (man sieht das arme Kind in der Wiege ruckeln), der e-Moll-Walzer op. posth. rasend wie eine Etüde, beim Grande Valse Brillante es-Dur op. 18 sieht man kein „Grazioso“, sondern die blutigen Hacken der beiseite getretenen Tänzer – und man hört technokratische Reihen von Hammerschlägen, als habe Chopin auch dieses Werk aus dem Geist der kühlen, entromantisierten Gegenwart für Disneys „Skeleton Dance“ komponiert: ohne Charme, ohne Geheimnis, ohne Erotik. Catherine Gordeladze spielt die Walzer, als habe Schostakowitsch (nichts gegen Schostakowitsch!) die Stücke überarbeitet. Sie bringt die „Valses brutal“ wie seinerzeit Igor Kalaschnikow im berühmten Geburtstagskonzert für Josef Stalin.