Gutrune startet Wahnfried-Konzerte

Von Frank Piontek
Gutrune mit US-amerikanischem Witz: Allison Oakes bei ihrem Liederabend in Haus Wahnfried. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Ein gelungener, sogar sehr gelungener Auftakt für die Konzertreihe in Haus Wahnfried: Allison Oakes sang ein Programm mit starken Kontrasten. Dessen Wagner-Teil Cosima zu Lebzeiten aufs höchste missfallen hätte.

 
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Cosima Wagner schaut gleichmütig, fast freundlich in den Saal. Unter ihren Augen und denen des leicht grimmig dreinblickenden Arthur Schopenhauer kamen sie zusammen, um wieder einmal, nicht zum ersten, gewiss nicht zum letzten Mal, jene Lieder zu hören, die Richard Wagner einst für jene Frau komponiert hatte, die Schreiber der populäre Musikgeschichte als „Muse“ zu bezeichnen pflegten.

Nichts dran am Verhältnis. Sagte Wagner.

Später sagte er zu Cosima, dass an diesem Verhältnis nichts, gar nichts dran gewesen sei: im Licht seiner Liebesbriefe und seiner Lieder betrachtet, gemessen auch der „Walküre“, also nach all diesen Dokumenten einer tiefen und tiefschürfenden Passion zu schließen: war das eine Schutzbehauptung. Cosima wäre also vermutlich entsetzt gewesen, wenn man ihr gesagt hätte, dass nach ihrem Tod die fünf Lieder für eine Frauenstimme auf Texte von Mathilde Wesendonck zu den Glanzlichtern eines Wahnfried-Konzert-Zyklus gehören würden.

Wunderschöne Erweiterung

„Wahnfriedkonzerte zur Festspielzeit“, so heißt die Reihe, die an den spielfreien Tagen zu den besten Angeboten für einen Bayreuth-Besucher gehört, weil sie uns gelegentlich gut gemachte Raritäten beschert. Dass Wagner hier eher nebenbei auf dem Programmzettel steht, verschlägt nichts – im Gegenteil: Allison Oakes bringt, zusammen mit ihrem höchst sensiblen Begleiter Christoph Ritter, ein Kon-trastprogramm in den Saal, das 1. als Gegenprogramm, 2. als komplementäre Ergänzung und 3. als wunderschöne Erweiterung unseres Liedrepertoires interpretiert werden kann.

Witzig und hurtig

Auf dem Hügel ist Allison Oakes die Gutrune, hier unten zaubert sie englischen Charme und US-amerikanischen Witz in ein Haus, was zu Zeiten der ersten Hausherrin vermutlich für Empörung gesorgt hätte. George Gershwin war ein jüdischer Unterhaltungskomponist, der für den Broadway schrieb; dass er einige geniale Werke komponierte, zu denen nicht wenige seiner Lieder gehören, dürfte Cosima Wagner kaum gerührt haben. Allison Oakes kommentiert ihr Programm mit Augenzwinkern; sie bringt mit „Someone to watch over me“ Laune ins Haus – und sie schenkt uns einen Strauss von englischen Songs, die kaum ein hiesiger Musikfreund kennen dürfte: von Winifred Bury, Ivor Gurney, Armstrong Gibbs, Roger Quilter, Michael Head und Ralph Vaughan Williams. Sie macht aus manchem Lied ein Minidrama, singt die liedhaften Lieder schlicht und schön aus, kündigt Quilters „Now sleeps the Crimson Petal“ als eines der schönsten Lieder des 19. Jahrhunderts an und bringt Vaughan Williams „Silent noon“, diesen harmonisch reichen Nachtgesang, einfach zauberhaft. Sven Friedrich kündigt sie als leicht indisponiert an, aber man hört es nicht. Der Stimme eignet ein Glanz ohne Schärfe, eine Stärke ohne Aggressivität, und Richter behandelt den Steinway mit zärtlichsten Händen (und Füßen): „Sfumato“ ist hier oft.

Und die Wesendonck-Lieder? Sie kommen einfach subtil, mit dem Sinn für dramatische Steigerungen, die in den „Schmerzen“ dynamisch kulminieren. Die Opernsängerin aber hört man wieder, wenn sie „die“ beiden Strauss-Zugaben bringt: natürlich „Cäcilie“, natürlich gefolgt von „Habe Dank“. Dass Miss Oakes schließlich ihre Zugaben-Trilogie mit Brittens extrem hurtigem wie witzigem „Nursery Rhyme“ „Oliver Cromwell“ abschloss, war indes konsequent. Cosima Wagner schaute jedenfalls immer noch freundlich in den Saal.

INFO: Am Dienstag, 9. August, setzt die Sopranistin Eva Lind die Reihe in Wahnfried fort (19.30 Uhr). Begleitet wird der Weltstar von Paul Lugger am Klavier. Der Erlös kommt dem Richard-Wagner-Museum zugute.

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