Großes Medieninteresse sorgt für intensive Vorarbeit Peggy-Prozess: Spagat der Justiz

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Archivfoto: Wittek Foto: red

Selten hat ein Prozess im Bayreuther Justizpalast bereits im Vorfeld für ein so großes Interesse der Öffentlichkeit gesorgt wie das Wiederaufnahmeverfahren im Mordfall Peggy, das am Donnerstag um 8.30 Uhr beginnt. Für die Justiz ist der Prozess ein Kraftakt – organisatorisch, logistisch. Und nicht zuletzt sogar optisch. Denn durch Zufall schaffte man bei der Sanierung auch noch eine Punktlandung: Der Justizpalast präsentiert sich zum ersten Mal seit langer Zeit ohne Gerüst.

 
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„Das mit dem Gerüst war Zufall“, sagt Thomas Goger, Richter und Pressesprecher des Landgerichts. „Aber es ist natürlich kein Unglück, dass das Gerüst zwei Tage vor Beginn des Prozesses abgebaut wurde. Und als Pressesprecher freut man sich, dass eines der schönsten Gerichtsgebäude Bayerns nicht mehr von einem Baugerüst verstellt ist – vor allem, weil sicher auch Außenaufnahmen gezeigt werden.“ Außenaufnahmen dürften ab heute bundesweit zu sehen sein, denn an neun Prozesstagen wird die Große Jugendkammer des Landgerichts versuchen, in dem Wiederaufnahmeverfahren Licht ins Dunkel des mysteriösen Falles Peggy zu bringen.

Das Faxgerät, das bei Goger in seinem kleinen Amtszimmer am Ende des Flurs im obersten Stock des Justizpalastes steht, steht dort wegen des Prozesses, wegen des Medieninteresses. Des nicht nur bundesweiten Interesses. „Das ist das Akkreditierungsfax, das wir extra eingerichtet hatten. Damit nicht im Vorfeld irgendwelche Nummern kursieren“, sagt Goger. Damit alle Journalisten die gleichen Chancen haben. „Seit Juli vergangenen Jahres, seit die Wiederaufnahme des Verfahrens im Raum stand, hatten wir regelmäßige Anfragen – erst recht, seit die Kammer im Dezember entscheiden hatte, das Verfahren wieder aufzunehmen und den Termin bekanntgegeben hat.“

Zur Berichterstattung werden „alle relevanten Sender, die großen Tageszeitungen, Agenturen, die örtliche Presse“ Journalisten in Bayreuth haben, sagt Goger. 43 Plätze gibt es im Sitzungssaal für die Presse, ursprünglich hatte man 40 vorgesehen. „Akkreditierungswünsche kamen mehr. Wir haben in einem ersten Schritt versucht, verwandte Medien davon zu überzeugen, dass ein Platz ausreicht.“ In einem zweiten Schritt entschied man, auf 43 Plätze zu erhöhen, „so mussten wir niemanden abweisen, der über das Verfahren berichten will. Das betrifft die Gerichtsberichterstatter im Saal, dazu kommen die Fotografen, die Filmteams“, sagt Goger. „Ein für Bayreuther Verhältnisse überdurchschnittliches Medieninteresse, um es zurückhaltend zu formulieren.“ Um dem Interesse der Öffentlichkeit Rechnung tragen zu können, wird es weitere 60 Plätze für Besucher geben, die den Prozess verfolgen wollen. Goger: „Wir haben zusätzliche Bank- und Stuhlreihen in den Saal gestellt. Es wird also sicher enger werden als üblich.“

Damit die übliche Einlasskontrolle in den Justizpalast nicht zur Geduldsprobe wird, wird es an den neun Verhandlungstagen zwei Sicherheitsschleusen geben: Eine für die akkreditierten Medienvertreter, eine für die Besucher. „Ich denke, dass wir so einigermaßen dem Andrang gerecht werden“, sagt Goger.

Für die Zeit des Prozesses müssen die Justizangestellten auf einen Sozialraum verzichten – der wurde zum Pressezentrum umgewidmet: „Dort finden die Journalisten Arbeitsplätze vor, um die Laptops zu laden, um Texte zu verfassen. Es ist auch eine Interview-Ecke eingerichtet, wo die Statements eingeholt werden können“, sagt Goger, der einen festen Terminplan in der Tasche hat, wann er welchem Sender ein Interview geben soll. Die vier Fernsehteams, die aus dem Großen Sitzungssaal berichten dürfen, müssen sich über die Stromversorgung keine Gedanken machen: „Wir konnten in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Bauamt noch zusätzliche Stromanschlüsse einrichten.“ Die Fernsehteams sieht das Gericht als „Poolführer: Oberfranken-TV für die regionalen Sender, RTL wird die privaten versorgen, die öffentlich-rechtlichen Sender sollen Material vom Bayerischen Rundfunk bekommen, ein Team arbeitet für die Agenturen“.

Die beengten Platzverhältnisse im Saal setzen sich auch rund ums Gebäude fort: „Nur die vier Poolführer können ihre Übertragungswagen im Hof abstellen“, sagt Goger. Beim Presse-Briefing vor einer Woche wurden alle anderen Medienvertreter darauf hingewiesen, dass es keine weiteren Stellplätze in direkter Nähe des Justizpalastes gibt. Das hat auch einen guten Grund, sagt Goger: „Wir wollen den Journalisten gute Arbeitsbedingungen geben. Aber wir können nicht alle Wünsche erfüllen. Denn neben diesem Prozess ruht der Justizalltag ja nicht.“ Man brauche einen „vernünftigen Kompromiss“ – der normale Betrieb soll „möglichst unbeeinträchtigt laufen. Das erwartet die Öffentlichkeit auch ein Stück weit“. Für die Bayreuther Justiz stehe an erster Stelle das Strafverfahren gegen Ulvi Kulac. „Wer meint, das sei ein Spektakel wie die Festspiele – was auch schon zu lesen war –, der verkennt, um was es hier geht: Um den Vorwurf des Mordes an Peggy.“ Die Aufgabe der Justiz in Bayreuth sei „nicht, etwas zu inszenieren, sondern dafür zu sorgen, dass das Strafverfahren ordentlich durchgeführt werden kann“. Das sei der Spagat für die kommenden Verhandlungstage, sagt Goger.

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