Verluste überschreiten teils Millionen-Marke
Das ist zwar kein Urteil. Der Senat erteilte den Parteien nach vorläufiger rechtlicher Beurteilung lediglich Hinweise zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung. Allerdings dürfte der extrem sorgfältige und ausführliche Hinweisbeschluss nach Einschätzung von Rechtsanwalt Matthias Siegmann, der den Kläger am BGH vertritt, mehr oder weniger das beabsichtigte Urteil darstellen. Ob es überhaupt noch eine Verhandlung und ein Urteil geben wird, bleibt indes abzuwarten. Das Unternehmen kann seine Revision auch zurücknehmen.
Doch auch an dem Beschluss dürften sich untere Instanzen ähnlich wie an einem Urteil des BGH orientieren, schreibt Anwalt Schopf in seinem Beitrag. Auch ein Hinweisbeschluss sei für sie richtungsweisend. Denn bislang hatten Gerichte unterschiedlich geurteilt.
So hatte das OLG Dresden für den Kläger entschieden. In einem anderen Fall stärkte das Landgericht Ulm die Position des Anbieters. Dieses für März geplante Verfahren setzte der BGH kurzfristig ab, weil beide Seiten einen Vergleich aushandeln wollten. (Az. I ZR 90/23)
Das Thema hat wegen des Ausmaßes eine große Brisanz. Allein rund 2000 von Gamesright vermittelte Fälle laufen Beuck und Gerstner zufolge noch. "Und wir kriegen täglich rund 100 Anfragen." Eines ihrer ersten Verfahren war das Ulmer. Die Erfolgsquote bei etwa 500 abgeschlossenen Fällen liege bei mehr als 90 Prozent. Im Schnitt gehe es um ein Volumen von rund 25.000 Euro. "Der höchste Rückzahlungsanspruch liegt bei über einer Million."
Immer wieder spielt die Frage nach einer fehlenden Lizenz eine Rolle. Denn die Anbieter hatten längere Zeit wegen rechtlicher Probleme im Vergabeverfahren keine Konzession, sondern bekamen diese erst vor wenigen Jahren nach gerichtlichen Entscheidungen. Hintergrund des Schwebezustands zwischen 2012 und 2020 sind Änderungen in den Glücksspielstaatsverträgen, mit denen das Sportwetten-Angebot reguliert werden sollte.
Laut BGH hat der beklagte Betreiber auch deshalb gegen den Glücksspielstaatsvertrag verstoßen, weil er im relevanten Zeitraum für öffentlich im Internet angebotene Sportwetten keine Erlaubnis hatte. Dies sei aber zweitrangig angesichts der inhaltlichen Verstöße.
Glücksspielsucht, Schwarzmarkt und Jugendschutz
Der Senat nennt ausdrücklich Ziele des Vertrags: etwa das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern, durch ein begrenztes Angebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, unerlaubtem Glücksspiel in Schwarzmärkten entgegenzuwirken, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten sowie sicherzustellen, dass Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt werden. Wortgleich steht es auch am Anfang des neuen Glücksspielstaatsvertrags von 2021.
Dem aktuellen Glücksspielatlas zufolge nahmen 2021 fünf Prozent der Bevölkerung an Sportwetten teil - eine Verdopplung innerhalb von zwei Jahren. Die Bruttospielerträge bei Sportwetten wiederum hätten 2022 bei 1,4 Milliarden Euro gelegen. Zum Vergleich: Bei Lotterien seien es 4,1 Milliarden und bei Geldspielautomaten 4,8 Milliarden Euro gewesen.
Der Zuwachs bei Sportwetten sei seit deren Legalisierung im Herbst 2020 stark, heißt es weiter. Laut der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) haben inzwischen 30 Anbieter von Sportwetten eine Erlaubnis. 14 Anträge auf eine solche lägen vor.
Spieler können sich in einer GGL-Liste vergewissern, bei einem erlaubten Sportwettanbieter zu spielen. Denn die Beteiligung an einem unerlaubten öffentlichen Glücksspiel ist strafrechtlich verboten, wie Robin Anstötz und Florian Tautz vom Institut für Glücksspiel und Gesellschaft an der Uni Bochum erläutern. "Zusätzlich sollten Spieler auf der Homepage des jeweiligen Anbieters nach dem Prüf- und Erlaubnissiegel der GGL Ausschau halten."
Laut einer GGL-Sprecherin sind im vergangenen Jahr rund 630 Beschwerden zu legalen Sportwettangeboten eingegangen. Der Glücksspielatlas berichtet darüber hinaus von 199 illegalen deutschsprachigen Sportwetten-Seiten im Internet im Jahr 2022.