Gewerbesteuer: Angst vor der Rückzahlung

Von Thorsten Gütling
Warnt vor einem bösen Erwachen trotz guter Haushaltszahlen: Bayreuths Finanzreferent Michael Rubenbauer. Foto: Eric Waha Foto: red

Die Stadt Bayreuth baut Schulden ab – und zwar gewaltig. Finanzreferent Michael Rubenbauer befürchtet dennoch ein böses Erwachen, wenn nicht weiter mit eiserner Disziplin gespart werde.

 
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Der Schuldenstand der Stadt Bayreuth ist Ende 2017 auf 108 Millionen Euro gesunken. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 schuldete die Stadt den Banken noch 135 Millionen Euro. Mit viel Glück, sagt Finanzreferent Rubenbauer, könnte sich der Schuldenabbau sogar noch einmal massiv beschleunigen. Dann, wenn die Gewerbesteuer weiter sprudelt, und vom Stadtrat bereits genehmigte Kredite gar nicht ausgeschöpft werden müssen.

Der Schuldenstand könnte sich dann 2019 sogar der 90 Millionen Marke nähern, sagt Rubenbauer. Zu schön um wahr zu sein, finden die Mitglieder des Stadtrats und werden von Finanzreferenten dann auch jäh auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht.

Denn die Gewerbesteuer sprudelt auffallend stark. Vielleicht zu stark. Nahm die Stadt noch im Jahr 2009 aus der Gewerbesteuer nur 25 Millionen Euro ein, waren es im vergangenen Jahr 110 Millionen, sagt Rubenbauer. Allerdings: 2009 gilt als das Jahr der Weltwirtschaftskrise, 2017 als das des Booms. Der drastische Anstieg der Gewerbesteuervorauszahlung wird aber auch deutlich, wenn man die Einnahmen des vergangenen Jahres mit denen aus den Jahren 2014 oder 2016 vergleicht. 35 Millionen Euro flossen damals weniger.

Rubenbauer fürchtet daher, dass hohe Rückzahlungen auf die Stadt zukommen, sieht gar ein „erhebliches Risiko“, spricht von einem leeren Sparbuch und hohen, unsicheren Eingängen auf dem Girokonto und wirbt weiter für einen strikten Sparkurs.

Bezirk und Freistaat klopfen an

Was Rubenbauer kommen sieht: Unabhängig davon, ob sich die Erwartungen der Unternehmen erfüllen, sich die Höhe der Vorauszahlungen also als realistisch erweist oder nicht: Von ihr leitet sich ab, was die Stadt in zwei Jahren von anderer Stelle bekommt oder zahlen muss – so sind die Spielregeln des kommunalen Finanzausgleichs. Aus München ist 2019 daher deutlich weniger an Unterstützung – sprich: an Schlüsselzuweisungen – zu erwarten. Gleichzeitig muss mehr an den Bezirk abgetreten werden.

Der hat bereits angekündigt, die Umlage sowieso erhöhen zu wollen. Wenn die vorausgezahlten Steuern jetzt also besonder gut sind, im Nachhinein aber nach unten korrigiert werden müssen, trifft die Stadt das in zwei Jahren doppelt und dreifach. Auf dem „Girokonto“, von dem Rubenbauer spricht, liegen heute noch 102 Millionen Euro. Es sind die sogenannten Liquiditätsreserven der Stadt. Sie werden, so Rubenbauers Befürchtungen wahr werden, geschröpft.

Wenngleich: Absicht will der Finanzreferent den Unternehmen nicht unterstellen. Aus dem Stadtrat ist aber sehr wohl auch der Hinweis zu hören, dass es für Spareinlagen bei der Bank ja kaum noch Zinsen gebe. Hingegen müsse die Stadt, das bestätigt Rubenbauer, den Unternehmen sechs Prozent bezahlen, wenn nach 15 Monaten klar werde, dass zuviel im Voraus bezahlt wurde. Das gelte freilich auch umgekehrt, wenn die Stadt Nachforderungen hätte.

Was Bayreuth einnimmt und ausgibt

Zum einen sprudeln die Gewerbesteuereinnahmen wie noch nie. Die Stadt investiert zum vierten mal in Folge aber auch weniger. Insgesamt sind für Baumaßnahmen im Stadtgebiet rund 43 Millionen Euro eingeplant. Alleine die Stadthalle, der größte Brocken, wird davon 17 Millionen verschlingen. In den vergangenen Jahren wurden immer um die 60 Millionen Euro eingeplant, jedoch nie mehr als 39 Millionen ausgegeben. Ende vergangenen Jahres hatten die Stadträte die Verwaltung auf Antrag von Thomas Hacker (FDP) daher aufgefordert, die Ansätze realistischer zu gestalten.

Die Stadthalle ist heuer zwar der größte, aber freilich nicht der einzige Brocken im Haushalt der Stadt. Die Generalsanierung der Albert-Schweitzer-Schule wird in diesem Jahr mit zwei Millionen Euro zu Buche schlagen, der Umbau des Hans Walter Wild-Stadions mit 1,2 Millionen, genauso viel Geld wird für die Sanierung der Graserschule und für Umbaumaßnahmen am Kanalsystem gebraucht. Für fast zwei Millionen Euro wird die EDV-Anlage der Stadtverwaltung auf den neuesten Stand gebracht. Für jeweils eine Million werden die Sanierungen von RWG, gewerblicher Berufsschule und Dietrich-Bonhoeffer-Schule angegangen. Mit einer weiteren Million bezuschusst die Stadt die Sanierung des Festspielhauses.

Dazu erhöhen sich die laufenden Ausgaben der Stadt. Für Sozialhilfe- und Hartz IV-Empfänger, für Zuschüsse an die Caritas und Diakonie und die Ausgaben für Jugendhilfe.

2017, ein Rekordjahr in doppelter Hinsicht

Auf der anderen Seite sprudeln die Einnahmen. 2017 war ein Rekordjahr – in mehrerlei Hinsicht. Vor allem bei der Gewerbesteuer klingelte die Kasse. Mit 110 Millionen Euro nahm die Stadt im vergangenen Jahr 18 Millionen Euro mehr ein, als 2015, dem bisherigen Rekordjahr. Mit Einnahmen in vergleichbarer Höhe rechnet Finanzreferent Michael Rubenbauer auch im laufenden Jahr – trotz einer Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes um 20 Punkte – ein Vorstoß der Fraktionen von FDP und Junges Bayreuth.

Und: Bei fast 40 Millionen Euro und damit auf Rekordniveau, befindet sich auch der Anteil, den die Stadt Bayreuth an der Einkommensteuer erhält.

Dazu kommt: Die Schlüsselzuweisungen des Freistaats, die sich immer auf die Steuereinnahmen zwei Jahre zuvor beziehen, steigen. Zumindest vorerst. Und zwar um 7,5 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Weil sich die Berechnung auf die Steuereinnahmen 2016 stützt – dem Jahr nach dem bisherigen Rekordjahr.

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