Die Uefa erhöht den Druck auf London
Auf Garantien für die Zuschauerrückkehr hatte die Europäische Fußball-Union Uefa bereits im Frühjahr gedrängt. Nun wird es nicht zu den ansonsten bei einer WM oder EM üblichen Reisebewegungen von Zehntausenden Anhängern kommen – allein deshalb, weil keine Planungssicherheit bestand. Abertausende türkische Unterstützer, die mal schnell über die Grenze nach Aserbaidschan reisten, um die Partie der Türkei gegen Wales in Baku zu verfolgen, sind die Ausnahme. Im Olympiastadion der aserbaidschanischen Hauptstadt verloren sich zum ersten Gruppenspiel Schweiz gegen Wales lediglich 8782 Zuschauer. Der aufwendige Trip in den Kaukasus und komplizierte Visa-Regeln hatten abschreckende Wirkung entfaltet. Doch grundsätzlich haben Fußballfreunde mit einem Ticket gewisse Reiseprivilegien. Sie müssen nicht in Quarantäne, sofern sie ihren Aufenthalt auf drei Tage beschränken.
Die Entwicklung ist dynamisch: Nachdem die Uefa dem Spielort Dublin wegen fehlender Zuschauergarantien den Ausrichterstatus kurz vor Turnierstart noch entzog, bangt plötzlich London um beide Halbfinals (6./7. Juli) und um das Finale (11. Juli). Eigentlich sollen 45 000 Zuschauer zum Endspiel zugelassen werden, doppelt so viele wie jetzt in der Vorrunde. Doch Sorge bereitet die rasante Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus. Die meisten Länder Europas haben strenge Quarantäneverordnungen erlassen. Die Uefa aber möchte, dass nicht nur für Spieler und Offizielle, sondern auch für 2500 VIP-Gäste aus dem Sponsorenkreis problemlose Ein- und Ausreisebestimmungen gezimmert werden.
Ungarn springt in die Hygiene-Lücke
Der britische Premier Boris Johnson will sich nicht unter Druck setzen lassen. Auch der deutsche Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hält die Uefa-Forderung „für unvertretbar“. Das sei eine Gefährdung der Bürger Englands und der Bürger Europas. Man müsse die Spiele in ein anderes europäisches Land verschieben. Und da kommt wieder Budapest ins Spiel. Diese Hintertür steht offenbar immer für die Offiziellen offen. Im September fand dort bereits unter Uefa-Hoheit ein Pilotprojekt mit Fans zum Supercup-Finale des FC Bayern statt, und als im Februar und März dieses Jahres RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach einen Schauplatz für ihre Champions-League-Begegnungen gegen englische Topvereine suchten, ging es jeweils für Hin- und Rückspiel in die Stadt, die für den Fußball wohl auch in Zukunft jeden Spagat vollbringt.
Nur der Fanmarsch vom Heldenplatz, der ist vorerst Geschichte.