Fundstücke aus der Schule unterm Hammer

Von Andreas Gewinner

Eigentlich haben Ruth Ramming und Karin Enders die Schule längst hinter sich. Sie sind pensionierte Grundschullehrerinnen. Doch für eine letzte Mission kehrten sie an ihren Wirkungsort zurück: Alles muss raus, denn die Grundschule soll ihre Räume an der Schulstraße, wo sie seit über 100 Jahren war, verlassen und an den Standort der Mittelschule ziehen. Und in 100 Jahren hat sich so Einiges angesammelt, da staunen selbst Ruth Ramming und Karin Enders, die Jahrzehnte lang hier ein- und ausgegangen sind.

 
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Braucht wer einen Storch? Zu dem Tier, das seit Jahrzehnten ausgestopft auf einem dicken Ast steht, hat Ruth Ramming ein besonderes Verhältnis. Der große Vogel lag eines Tages in den 1970er Jahren tot in der Wiese hinter ihrem Haus, er war einer Stromleitung zu nahe gekommen. Und Ruth Ramming fand, dass der eindrucksvolle Vogel ein zweites Leben als Anschauungsobjekt für die Gefreeser Schüler verdient hatte. Bisher teilte sich der Storch noch einen Nebenraum in der Schule mit anderen ausgestopften Tieren, wie einem Eichhörnchen oder einer Bisamratte. Sogar eine in Spiritus eingelegte Schlange gibt es hier.

Alles mus raus

Doch alles muss raus. Der altertümliche 16-Millimeter-Filmprojektor, ein kleiner Fernseher mit quietsch-orangem Gehäuse, ebenso wie der Handvervielfältiger, mit dem früher anhand von Tintenmatrizen Unterrichtsmaterial kopiert wurde. Schulleiter Uli Zahn erinnert sich noch aus seiner eigenen Schulzeit an die Blätter mit der kräftig-blauen Schrift und dem intensiven Geruch: "Da haben wir immer dran geschnüffelt." Unmengen alter Bücher in Kiste und Kartons gestapelt, wurden in den letzten Tage von dem dreiköpfigen Räumkommando unter die Lupe genommen.

Uli Zahns spannendste Lektüre der vergangenen Tage war ein alter Lehrerkalender, in dem der Gefreeser Pädagoge minuziös seine Termine und und Verpflichtungen festhielt. In einem Karton stapeln sich vergilbte Ausgaben der Zeitung "Das Parlament". Obenauf die Ausgabe vom 27. November 1963, mit einem schwarz gerahmten Bild von John F. Kennedy auf dem Titel. Fünf Tage zuvor war der US-Prasident in Dallas ermordet worden. Alte Buchstabenkästen zeigen, wie früher das Lesen, Schreiben und Buchstabieren gelernt wurde. Die alte Fundsachen haben Uli Zahn inspiriert, an diesem Samstag im Rahmen des Schulfestes ein paar Mal eine Unterrichtsstunde wie anno dazumal anzubieten: für Ältere als Erinnerung an ihre eigene Schulzeit, für Jüngere als Anschauung, wie es früher in der Schule zuging.

Je höher, umso skurriler

Je höher man steigt im alten Schulhaus, umso skurriler werden die Funde. Ganz oben unter dem Dach, wo die Luft stickig ist und der Staub der Jahrzehnte im Licht der gläsernen Dachluken tanzt, steht ein altes Fahrrad ohne Reifen. Dachschieferplatten stapeln sich in einer Ecke. Und eine mit Holzwolle ausgelegte Kiste ist voller Groschenromane, die aus den 1920er Jahren sein dürften.

Einige der Dinge kommen ins Schulmuseum im benachbarten Zell, aber das Meiste soll an diesem Samstag im Rahmen des Schulfestes versteigert oder auf einem Flohmarkt verkauft werden. Im Eingangsfoyer stehen eine Reihe alter Möbel. Zwei Lehrerstehpulte, inklusive Aussparung für das Tintenfass, und zwei schön verzierte Schränke. Sie wurden von Gefreeser Mittelschülern im Rahmen des Unterrichtsprojekts "Praxis an Mittelsschulen" mit heimischen Betrieben abgeschliffen, gebeizt und teils lackiert. Auch alte Schultische - ebenfalls inklusive Tintenfassfach - samt kleinen Stühlchen sollen morgen neue Eigentümer finden.

Freudiges Wiedersehen

Gerade strömt die 4. Klasse aus ihrem Klassenzimmer ins Foyer. Als die Mädchen Ruth Ramming sehen, umarmen sie freudig ihre ehemalige Lehrerin. "Wir sind die letzten Alten", sagt Ruth Ramming. "Die uns aber treu bleiben", ergänzt Uli Zahn.

Schule und Omnibus feiern gemeinsam

Um 13.30 Uhr, Samstag, 24, Juni, ist die Eröffnung durch die Schulleitung, Tanz der 2. Klasse, Cup Stacking der 4. Klasse. Um 14 und 16.45 Uhr Uhr gibt es „Schule anno dazumal“ unter dem Dach, 14 bis 16 Uhr Spielstraße, Kreatives Arbeiten, Bogenschießen (bis 15.30 Uhr), um 14.30 und 16.15 Uhr findet Schwarzlichttheater in der Aula statt, ab 15 Uhr Versteigerung der alten Schulmöbel und einiger anderer Raritäten. Um 17 Uhr gibt es voraussichtlich noch mal „Schule anno dazumal“ unter dem Dach für Erwachsene , ab 17.30 Uhr Aufräumen. Ab 13.45 Uhr Flohmarkt, Verkauf von Dekoartikeln, schuleigenem Honig, Dekoratives aus der Schulproduktion, Essen und Getränke. Das Schulfest findet wieder gemeinsam mit dem Sommerfest des Kultur- und Konzertvereins Omnibus sowohl auf dem Schulgelände der Grundschule selbst als auch um die mittelbar benachbarte Bärenscheune statt. Wenn das Schulfest selbst am frühen Abend endet, übernimmt „Omnibus“ das Regiment: „Wie im letzten Jahr werden wir im Anschluss an das Sommerfest am Nachmittag zu einer Live Musik Session übergehen. Musiker von den Gruppen Fuchsdeifelswild und Maybe 8 sowie der Kitchen Group und weitere Gäste werden für Kurzweil sorgen.“

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