Fotografieren von Opfern verbieten

Für diesen Facebook-Post hat die Polizei Hagen im Netz viele Likes bekommen. Screenshot: red Foto: red

„Schämt Euch, ihr Gaffer!“ Mit dieser Facebook-Schelte hat die Polizei Hagen vor einem Monat den Nerv vieler Menschen getroffen. Wenn der Bundesrat an diesem Freitag über ein Gesetz berät, das das Fotografieren und Filmen wehrloser Unfallopfer unter Strafe stellen soll, denn geht es dabei um genau solche Ereignisse wie in Hagen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Ein Mädchen war dort von einem Auto angefahren und schwer verletzt worden. Hunderte zückten daraufhin ihre Smartphones und fotografierten das Kind, das auf der Fahrbahn lag. „Das ging so weit, dass Kollegen dazu aufgefordert worden sind, doch mal bitte zur Seite zur treten, damit sie den Blick auf die Unfallstelle nicht verdecken“, erinnert sich Polizeisprecher Tino Schäfer.

Er und seine Kollegen formulierten den Facebook-Aufruf: „Wir haben im Einsatz echt was Besseres zu tun, als uns auch noch um Euch zu kümmern“, hieß es dort. „Ihr solltet euch was schämen.“ Der Beitrag wurde mehr als 50.000 Mal geteilt.

„Dass weiterhin gegafft wird, kann man mit einem Facebook-Beitrag natürlich nicht verhindern“, sagt Schäfer. „Nichtsdestotrotz hat das Thema viele Menschen erreicht und stand öffentlich zur Diskussion.“ Es dürfe nicht sein, dass Gaffer sich auf Kosten der Opfer profilierten, nur um zu zeigen: „Schaut her, ich war dabei!“

Die Politik versucht den sogenannten Gaffern mit einem schärferen Gesetz beizukommen. Am Freitag bringt Niedersachsen dazu eine Initiative in den Bundesrat ein. Das Behindern von Rettungskräften sowie das Aufnehmen von Unfallopfern soll demnach mit Geld- und Haftstrafen bis zu einem Jahr geahndet werden. Außerdem sollen Polizisten die Möglichkeit haben, Schaulustigen die Handys wegzunehmen. Berlin hat sich der Initiative schon angeschlossen.

«Wer Feuerwehreinsätze behindert, ist an Dummheit nicht mehr zu übertreffen», schreibt Hartmut Ziebs, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, auf seiner Facebook-Seite. Richtig wütend machen ihn Vorfälle wie in Bautzen, als eine grölende Menge einen Feuerwehreinsatz an einem Flüchtlingsheim behinderte. Er möchte mit seinen Aussagen die Menschen bei der Ehre packen, sagt er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Denn niemand lässt sich durch ein schärferes Gesetz davon abhalten zu gaffen.»

Er könne die Empörung nachvollziehen, sagt der Kommunikationswissenschaftler Oliver Quiring von der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. «Aber das ist nicht die Sachlichkeit, die ich von der Polizei erwarte.» Er hoffe allerdings, dass die emotionalen Nachrichten dazu führen, dass die Gaffer ihr Verhalten peinlich finden - und vielleicht unterlassen. Auch könne es der Polizei dabei helfen, mehr Rückhalt in der Bevölkerung zu finden.

Mehr dazu:

Gaffer immer dreister

dpa

Autor