Forscher am Deutschen Schifffahrtsmuseum Eintauchen in die Geschichte der U-Boote

Phillipp Steiner
Nils Theinert steht neben der Schraube eines „Seehunds“ – eines Klein-U-Bootes der Kriegsmarine aus dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Phillipp Steiner

Brandtaucher, Titan oder U 31 – U-Boote können fantasievolle Namen ebenso wie schlichte Nummern tragen. Der Historiker Nils Theinert befasst sich am Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven mit der Geschichte dieser Fahrzeuge.

 
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Wenn Nils Theinert nach dem ersten U-Boot gefragt wird, gibt er keine eindeutige Antwort. Oder besser: Am Anfang hätten mehr oder minder gut belegte Ideen zu Unterseebooten und ähnlichen Konstrukten gestanden. „Die meisten Erzählungen gehen los mit Alexander dem Großen, der angeblich eine Tauchglocke hat konstruieren lassen, um sich auch die Welt unter Wasser zu unterwerfen“, sagt der Historiker. Solche Erzählungen seien mit Vorsicht zu genießen, warnt Theinert.

Erste Versuche für U-Boote habe es in der frühen Neuzeit gegeben. Ernst geworden sei es um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Brandtaucher von Wilhelm Bauer, 1850 in einem Krieg gegen Dänemark für die Armee Schleswig-Holsteins konstruiert, habe allerdings noch nicht richtig funktioniert. Aber hier zeigte sich ein Muster, sagt Theinert. Besonders hervorgetan bei der Entwicklung hätten sich oft Länder, die ihre Unterlegenheit über Wasser ausgleichen wollten. So auch die Südstaaten mit der Hunley im US-amerikanischen Bürgerkrieg. „Dieses U-Boot hatte einen Spieren-Torpedo, der an einer ganz langen Stange vorne angebracht war. Die Idee bestand darin, dass man ihn in das feindliche Schiff hineinrammt, sich dann wieder zurückzieht und dann einen Zünder auslöst.“

Im Deutschen Kaiserreich stand man den Fahrzeugen zunächst skeptisch gegenüber

Ein Boot, mit dem man sich klammheimlich dem Gegner nähert – im Deutschen Kaiserreich sah man das zunächst zwiespältig: „Es war eine Maschine, die auch in Marinekreisen anfangs auf Skepsis traf, weil sie nicht in die herrschende Doktrin passte. Das U-Boot wurde bis vor dem Ersten Weltkrieg als nicht besonders ehrenhafte und schlagkräftige Waffe angesehen.“

Die anfängliche Skepsis zeigte sich auch darin, dass U-Boote nur Nummern erhielten, so Theinert. Das ist bis heute so, die aktuellen U-Boote der deutschen Marine heißen U 31 bis U 36. Auch die Wilhelm Bauer, die nun im Bremerhavener Museumshafen liegt, wurde im Zweiten Weltkrieg als U 2540 zu Wasser gelassen und erhielt erst viel später ihren Namen.

U 2540 zählte zum Typ XXI, für den oft beansprucht werde, er sei das erste „echte“ U-Boot gewesen, erklärt der Historiker. Da es einen großen Batterievorrat hatte und mit einem Schnorchel Luft für die Dieselmotoren ansaugen konnte, habe es quasi permanent unter Wasser fahren können – damals ein Novum: „Die U-Boote im Ersten und Zweiten Weltkrieg haben wegen der begrenzten Luft- und Batteriekapazität eigentlich die meiste Zeit über Wasser operiert.“

Erst von den Nationalsozialisten genutzt, dann von der Bundesmarine als Erprobungsboot

Auch historisch ist die Wilhelm Bauer eine Besonderheit, weil sie erst von der Kriegsmarine der Nationalsozialisten und dann von der Bundesmarine und dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung genutzt worden sei. Die Bundesmarine hatte andere Ziele als die Kriegsmarine. „Sie sollte im Rahmen des Nato-Bündnisses nicht mehr auf der Hochsee Nachschubkonvois angreifen und einem Eroberungskrieg dienen. Sie sollte mit ihren kleinen U-Booten der Klasse 205 und 206 vor allem die Ostseeausgänge sichern und den Nachschub des Warschauer Paktes über die Ostsee im Kriegsfall unterbinden“, sagt Theinert. Eine Aufgabe, die heute mit Blick auf Russland in ähnlicher Form wieder aktuell sei.

Obwohl die U-Boot-Geschichte militärisch geprägt sei, dienten sie auch anderen Zwecken. Dabei habe Bremerhaven sogar als Hafen für Unterwasserfrachter gedient. Schon im Ersten Weltkrieg sei die Stadt Einlaufhafen des ersten Handels-U-Boots Deutschland gewesen. „In den 1980er Jahre gab es dann Pläne von General Dynamics, einen U-Boot-Tanker für Flüssiggas und Öl zu bauen und unter dem arktischen Eis durchzufahren. Dieser Tanker sollte in Bremerhaven seinen Endpunkt haben.“

Allerdings: „Einer Verwirklichung kam das nicht wirklich nah.“ Für Theinert ist das Konzept vielmehr ein Beispiel für die Technikgläubigkeit jener Zeit. „Aber schiffbaulich und wirtschaftlich hat sich das in Friedenszeiten offensichtlich bis heute nicht wirklich gelohnt.“

Was die Meeresforschung angeht, wurden Forschungstauchboote vor allem in der Vergangenheit genutzt, inzwischen sieht der Historiker sie dort als „Auslaufmodell“. Denn sie seien vergleichsweise teuer und im Einsatz aufwendig. Tauchroboter eigneten sich für die Forschung besser.

U-Boote im Tourismus

Unglück
Bei der touristischen Nutzung von U-Booten denken viele an das Unglück der Titan, bei dem 2023 fünf Menschen auf dem Weg zum Wrack der Titanic umkamen. Für Nils Theinert bildet die Titan in der Hinsicht eine Ausnahme. Denn Tauchboote würden wie Schiffe klassifiziert und seien sehr sicher. Generell gelte: „Die meisten U-Boote kommen auch wieder hoch.“

Logistik
Trotzdem glaubt der Forscher nicht an eine breite Nutzung von Tauchbooten für größere Tiefen im Tourismus. Dafür sei der logistische Aufwand zu groß. „Dieses Tieftauchen wird nur sehr Reichen vorbehalten bleiben und gehört in die gleiche Kategorie von Luxusreisen wie der aufkommende Weltraumtourismus.“

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