Warum könnte Verstappen ein Team verlassen wollen, mit dessen Auto die Titel in diesem Jahr und auch 2025 nicht unwahrscheinlich sind?
Weil eine weitere Zusammenarbeit bei einem Verbleib von Horner als Teamchef nur mit viel Fantasie vorstellbar ist. Die öffentlich formulierte Forderung von Vater Jos Verstappen, dass Horner den Posten räumen muss, weil das Team zu explodieren droht, war die bislang heftiges Eskalationsstufe eines offensichtlich seit Langem schwelenden Konflikts im Weltmeister-Team.
Auch wenn Max Verstappen unter der Horner-Führung schon dreimal den Titel holte und zum derzeit überragenden Fahrer der Rennserie wurde, steht er erstens seinem Vater Jos sehr, sehr nahe. "Er hat mich schon in jungem Alter auf eine sehr professionelle Weise vorbereitet, damit ich für alle möglichen Szenarien bereit bin", sagte Max einmal über seinen Vater. Zu dessen 52. Geburtstag am Montag gratulierte er auch via Instagram: Ein Bild zeigt beide in Red-Bull-Rennkleidung. Zusammen stehen die Verstappens zweitens Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko nahe. Der 80-Jährige war ein enger Vertrauter des im Oktober 2022 gestorbenen Red-Bull-Gründers Dietrich Mateschitz. Horner soll versucht haben, Marko im vergangenen Jahr aus seinem Machtbereich zu drängen.
Was steht für Red Bull auf dem Spiel?
Sehr viel. "Kein Team auf diesem Planeten würde auf die Dienste des Fahrers verzichten wollen, der sogar noch das unvergleichliche Auto des besten Designers in der Formel-1-Geschichte, Adrian Newey, vergoldet", schrieb die "Daily Mail" über Verstappen. Der erfolgreiche Rennstall ist praktisch das Prunkstück im Sportportfolio des österreichischen Getränkeunternehmens, das Oliver Mintzlaff als einer von drei Geschäftsführern nach dem Tod von Mateschitz verantwortet. Entscheidender Faktor in der Angelegenheit sind aber die Mehrheitsverhältnisse des Konzerns: 51 Prozent gehören der Familie des thailändischen Milliardärs Chalerm Yoovidhya - und der soll Horner-Fürsprecher sein.
Die Angelegenheit um den Teamchef, dem eine Mitarbeiterin unangemessenes Verhalten vorgeworfen hat - die Beschwerde wurde nach einer externen Untersuchung durch einen unabhängigen Anwalt vom Mutterkonzern abgewiesen - überschattet ohnehin die sportlichen Erfolge derzeit. Würde Max Verstappen gehen, wäre dies eine große Niederlage für das Unternehmen, selbst wenn dann ein Fahrer wie Fernando Alonso zu Red Bull wechseln könnte. Der Vertrag des zweimaligen Champions bei Aston Martin läuft nach dieser Saison aus.
Was passiert bis zum Rennen in Saudi-Arabien?
Bereits am Mittwoch - wegen des bevorstehenden Fastenmonats Ramadan ab Sonntag wurde in Dschidda das Programm auch um einen Tag vorgezogen - werden Fahrer und Teamchefs im Fahrerlager zu den Medienrunden und Pressekonferenzen erwartet. Keiner weiß, ob und was bis dahin geschehen könnte. Nur eines ist sicher: Ruhe kehrt nicht bei Red Bull Racing ein.