Feuerwehrleute haben keinen Freibrief

Von Kerstin Goetzke
Für Einsatzfahrten im Privatauto gibt es kleine Schilder, die am Dach oder der Windschutzscheibe befestigt werden können. Foto: Brigitte Grüner Foto: red

Wenn Feuerwehrleute die Alarmierung für einen Einsatz auf ihrem Handy sehen, müssen sie versuchen, so schnell wie möglich zum Feuerwehrhaus zu kommen, um sich umzuziehen und mit den Kameraden auszurücken. Doch auf dem Weg dorthin gibt es Einiges zu beachten.

 
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Oft zählt jede Sekunde, wenn ein Unfall passiert ist. Deshalb versuchen Feuerwehrleute, schnellstmöglich zum Feuerwehrhaus zu kommen. Doch das ist kein Freibrief, um gegen Geschwindigkeitsbeschränkungen zu verstoßen oder über rote Ampeln zu fahren, weiß Werner Schiller. Er war 16 Jahre lang Kommandant der Pegnitzer Feuerwehr, vertritt diese Woche die beiden Chefs, die im Urlaub sind.

Niemand darf gefährdet werden

Was ist verhältnismäßig? „Generell muss jeder selbst entscheiden, ob es verhältnismäßig ist, schneller zu fahren als erlaubt“, sagt der erfahrene Feuerwehrmann, der seit 36 Jahren freiwillig hilft. „Geht es um eine Ölspur oder doch um ein Busunglück, wie vor anderthalb Jahren in Reisach?“, lautet oft die Frage. Wichtig sei, dass niemand gefährdet werden darf, wenn man auf dem Weg zum Feuerwehrhaus ist. Weder man selbst, noch andere Verkehrsteilnehmer. Denn es bringe nichts, wenn die Kameraden vor dem Ausrücken erst jemanden aus den eigenen Reihen versorgen müssen, bevor sie zum Einsatzort kommen. Denn so gehe wertvolle Zeit verloren.

Feuerwehrleute mit Sonderrechten

Dem stimmt Sebastian Schneider von der Polizeiinspektion Pegnitz zu: Feuerwehrleute im Einsatz hätten zwar Sonderrechte, die ihnen die Paragrafen 35 und 38 der Straßenverkehrsordnung einräumen, sie sollten aber niemanden gefährden oder schädigen. Dazu zählt auch, dass sie beispielsweise auf geparkte Fahrzeuge achten müssen. Wenn sie ein Auto anfahren, haften die Floriansjünger doch, erklärt der Polizist. Feuerwehrleute im Einsatz müssen sich an die Straßenverkehrsordnung halten. Das heißt, sie haben mit ihren Privatautos keine Sonderrechte. „Wenn jemand mit 100 Stundenkilometern an einer roten Ampel geblitzt wird und sich herausstellt, dass er wegen einer Ölspur auf dem Weg zum Gerätehaus war, ist der Führerschein sicher weg“, sagt Schiller.

Gericht entscheidet in letzter Instanz

Die Polizei könne aber kein Auge zudrücken, denn die Daten werden mittlerweile digital erfasst. Wenn ein Feuerwehrler auf dem Weg zur Wache geblitzt wird, erhält er einen Anhörungsbogen, wie jeder andere Verkehrssünder auch. Allerdings könne die Zentrale Bußgeldstelle (ZBS) in Viechtach das Verfahren einstellen, wenn nachweisbar ist, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung wegen eines dringenden Einsatzes nötig war. Sollte es jedoch zum Streitfall kommen, entscheidet in letzter Instanz ein Gericht, erklärt der Verkehrserzieher der Polizei.

Schutz von Menschen, Tieren und Sachen

Deshalb müsse jeder selbst entscheiden, wie verhältnismäßig sein Verhalten ist, sind sich die beiden Männer einig. Zwar sei der Schutz von Menschen, Tieren und Sachen wichtig, doch wie verhältnismäßig es ist, gegen Verkehrsvorschriften zu verstoßen, weil eine Katze im Baum feststeckt, stellt Schiller infrage. Er hat aber auch Verständnis dafür, dass Katzenbesitzer das anders sehen. Einmal pro Jahr müssen die Feuerwehrleute an einer sogenannten Blaulicht-Schulung teilnehmen. Dort erklärt ihnen Schneider, wann sie Blaulicht und Sirene am Einsatzfahrzeug verwenden dürfen und an welche Geschwindigkeiten sie sich damit halten müssen.

Schulung dauert rund zwei Stunden

Die Schulung dauert rund zwei Stunden. „Jeder Übungs- und Einsatzdienst wird dokumentiert und aufgehoben. So kann man im Zweifelsfall nachweisen, dass ein Feuerwehrmann an einer Übung teilgenommen hat oder mit den Kameraden im Einsatz war“, erklärt der ehemalige Kommandant. Wenn er also geblitzt wird, geht aus den Unterlagen der Wehr hervor, wann er bei welchem Einsatz war. So kann eventuell (wenn es verhältnismäßig war) von einem Strafverfahren abgesehen werden. Generell sei dieses Thema ein „heißes Eisen“, befindet Schiller. Für Einsatzfahrten im Privatauto gibt es kleine Schilder, die an Dach oder Windschutzscheibe befestigt werden können. Verkehrserzieher Schneider bezweifelt allerdings deren Nutzen: „Wer erkennt das denn in einem Auto, das hinter einem fährt?“, fragt er.