"Falschbeurkundung im Amt" Noten angehoben: Direktor aus Coburg verurteilt

Von Dagmar Dietrich,
 Foto: red

Gut Lachen hatten im Jahr 2013 die knapp 90 erfolgreichen Abiturienten des Gymnasiums Casimirianum in Coburg. Ihre Arbeiten in der Abiturklausur im Fach Deutsch wurden damals vom Schuldirektor um einen Punkt aufgewertet. Am Montag stand der Schulleiter deshalb zum zweiten Mal vor Gericht.

 
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Die Staatsanwaltschaft hatte ihm per Strafbefehl eine Geldstrafe in Höhe von 13.500 Euro aufgebrummt. Dagegen legte der Schulleiter Widerspruch ein. Am Montag wurde er vom Coburger Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 5.400 Euro verurteilt (60 Tagessätze zu 90 Euro). Der Grund für die Straftat: „Falschbeurkundung im Amt“.

Der Schulleiter hatte nach eigenen Angaben im Jahr 1998 in dem Coburger Gymnasium sofort die Direktorenstellung erhalten. Zuvor war er unter anderem Mitarbeiter im Bayerischen Staatsministerium für Kultus. Selbst Deutschlehrer und zudem Prüfungsausschussvorsitzender für die Abiturprüfung hatte er 2013 allen erfolgreichen Prüflingen die Punktzahl im Fach Deutsch ohne Rücksprache mit dem Lehrerkollegium aufgebessert. Nach einem Hinweis einer örtlichen Tageszeitung ließ das bayerische Bildungsministerium sämtliche Arbeiten überprüfen. Der Fall sorgte überregional für Schlagzeilen.

Die Überprüfung ergab, so der Pressesprecher des Ministeriums gegenüber dieser Zeitung, dass die Arbeiten „im unteren Punktebereich“ tatsächlich „sehr hart bewertet worden“ seien. Der Weg, den der Schulleiter mit seiner Aufbesserung gegangen war, sei allerdings „falsch“ gewesen, so Ludwig Unger. Er hätte sich laut Lehrerdienstordnung mit seinen Lehrkräften und mit der Lehrerkonferenz abstimmen müssen. Der Angeklagte hatte vor einigen Wochen Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, der 90 Tagessätze zu 150 Euro vorsah. Zum Prozessauftakt Anfang Juni hatte der heute 58-Jährige die eigenmächtigen Korrekturen zugegeben. Er erklärte, dass die beiden korrekturlesenden und notengebenden Lehrer damals die Arbeiten der Schüler zu streng bewertet hätten. Er habe im Sinne seiner Schüler richtig gehandelt und sei dazu auch berechtigt gewesen.

Oberstaatsanwältin Ursula Haderlein ließ in ihrem Plädoyer am Montag noch einmal die Vorgänge am Casimirianum Revue passieren. So hätten damals zwei Lehrer ordnungsgemäß nach der Prüfungsverordnung und unabhängig voneinander überprüft und bewertet. Da dem Direktor die Zensuren nicht gefallen hätten, weil sie angeblich zu streng und zu schlecht gewesen seien, habe er die Lehrer zu Abänderungen aufgefordert. Der Schulleiter habe damals beanstandet, dass die Einrichtung ansonsten gegenüber einem konkurrierenden städtischen Gymnasium und weiteren Gymnasium in der Gesamtbewertung wesentlich schlechter abschneiden würde. Außerdem würde eine schlechte Deutschnote bei Bewerbungen sofort ins Auge springen.

Die Lehrkräfte seien der Aufforderung zur Abänderung aber nicht nachgekommen. Die Oberstaatsanwältin: „Dann änderten Sie die Noten einfach selbst ab, es war ihre eigenmächtige, willkürliche Entscheidung.“ Der Angeklagte habe dabei klare Vorgaben aus der Schulverordnung übergangen und sei deshalb strafrechtlich zu verurteilen. Haderlein: „Er wollte zeigen: Unsere Abiturienten sind nicht dümmer als an anderen Gymnasien.“ Der Angeklagte habe bereits im Jahrgang 2012 eine ähnliche Vorgehensweise an den Tag gelegt. Damals hätten die Lehrer jedoch mitgemacht, weil diese sich den Anweisungen des Direktors gebeugt hätten und weil ihnen eingeredet worden sei, dass die Prüfungsfragen zu schwierig gewesen seien. Haderlein forderte eine Geldstrafe von 10 000 Euro (100 Tagessätze zu 100 Euro) für den Angeklagten.

Dessen Verteidiger Thomas Bittroff und Eckhart Staritz sahen indessen keine Falschbeurkundung im Amt und wollten Freispruch. Es sei nach ihren Worten verwaltungsrechtlich nicht festgelegt, dass ein Direktor Noten nicht korrigieren darf. Deshalb sei dies auch nicht strafbar.

Jedoch: „Es ist strafbar und er ist nicht berechtigt, eigenmächtig zu handeln“, sagte Richter Wolfram Bauer in seinem Urteil und fasste zusammen: „Es lagen ihm nicht seine armen Schüler am Herzen, sondern es passte ihm für seine Schule.“

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