Seine eigens dafür gegründete Task-Force sucht daher weiter nach einer realistischen, bezahlbaren Möglichkeit zur Wasserzufuhr. Mit dem Nachbarland Ungarn, auf dessen Gebiet gut ein Viertel des Steppensees liegt und das somit mitzureden hat, sei eine Vereinbarung unterzeichnet, an einem Vertrag werde gearbeitet, teilte der Landesrat Heinrich Dorner mit.
Eine „hausgemachte Tragödie“
Erich Stekovics, über die Grenzen des Burgenlands hinaus als „Paradeiser-Papst“ bekannt, greift das zu kurz. Er spricht von einer Tragödie, einer hausgemachten. Seit mehr als 20 Jahren bestellt er im Seewinkel seine Felder mit Tomaten, die auf österreichisch Paradeiser heißen. Dabei setzt er auf Sparsamkeit beim Bewässern und mahnt auch seine Kollegen dazu. Für das Niedrigwasser im See sieht Stekovics die Landwirte zwar nicht verantwortlich: „Doch wenn – neben der Verdunstung des Sees – der Grundwasserspiegel weiter sinkt, wird hier bald kein Gemüse- und Weinanbau mehr möglich sein.“
Das Klima habe sich in der ohnehin sensiblen Region innerhalb weniger Jahre massiv verändert. „Langfristig müssen wir uns auf extreme Bedingungen einrichten“, ist er sich sicher. „Wenn wir nichts ändern, etwa durch Windschutz und Auffangbecken, aber auch an unserem Verhalten, wird es katastrophal – und die Region zum frühen Mahnmal für andere Landstriche.“
See war bereits ausgetrocknet
Arno Cimadom schätzt die Lage weniger dramatisch ein: „Ob wir es mit einer historischen Situation zu tun haben, kann man nicht klar mit einem Ja oder Nein beantworten“, sagt der Biologe und wissenschaftliche Mitarbeiter des Nationalparks Neusiedler See – Seewinkel. Im Wandel der Zeit habe der See immer wieder sehr trockene und sehr feuchte Phasen gehabt. „Er lebt von Extremen, das macht ihn aus. Würde er ganz austrocknen, wäre das nicht das erste Mal. Zuletzt war das Mitte des 19. Jahrhunderts der Fall.“ Zudem benötige auch der breite Schilfgürtel gelegentlich Niedrigwasser, um sich zu regenerieren.
Klar sei jedoch, dass man die Natur und den See, auch als Wirtschaftsfaktor, nicht isoliert sehen könne, so Cimadom: „Es hängt inzwischen so viel dran. Die Menschen wollen am, mit und vom See leben.“ Auch im Tourismus. Eine Wasserzuleitung sieht aber ebenfalls Cimadom kritisch: „Durch falsches und zu vieles Wasser kann man mehr zerstören als retten.“ Letztlich sei das weitere Vorgehen eine politische Entscheidung. „Die Diskussion muss so breit und offen wie möglich geführt werden.“
Im September soll es einen Runden Tisch geben, zu dem alle Interessenvertreter geladen sind. Damit es dem Neusiedler See nicht wie dem benachbarten Zicksee geht – er gilt bereits als ausgetrocknet.