Epilepsie-Vortrag Begleithunde warnen Stunden vor einem Anfall

Von Moritz Kircher
Der Hundetrainer Erik Kersting bildet Hunde für Menschen mit Behinderung aus. Auch für Epilepsiekranke trainiert er die Tiere. Foto: red Quelle: Unbekannt

BAYREUTH. Dass Begleithunde sehbehinderten Menschen helfen können, ist weithin bekannt. Dass speziell trainierte Hunde aber auch Menschen mit Epilepsie helfen können, sie mithin sogar Stunden vorher vor einem Anfall warnen, dürften die wenigsten wissen. Der Hundetrainer Erik Kersting spricht darüber am 20. Juli bei einem Vortrag in Bayreuth. Vorab sprach er mit dem Kurier darüber, was Begleithunde alles leisten.

 
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Herr Kersting, worum geht es bei Ihrem Vortrag in Bayreuth?

Erik Kersting: In erster Linie darum, dass Hunde Menschen mit Behinderung helfen können. Es gibt Servicehunde für Menschen mit motorischem Handicap, sowie Parkinson, mit Diabetes, Epilepsie oder gehörlose Menschen. Die Hunde helfen Menschen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Laut UN-Behindertenkonvention steht jedem Menschen mit Behinderung ein tierischer Helfer zu. Nur ist das in Deutschland noch nicht gesetzlich umgesetzt.

Sie bilden Begleithunde für Menschen mit Behinderung aus. Wie kann ein Begleithund einem Mensch mit Epilepsie helfen?

Kersting: Es gibt zwei verschiedene Hunde als Assistenzhunde. Zum einen den sogenannten Anfall-Warnhund. Da ist es so, dass die Hunde ihre Besitzer warnen, bevor ein Anfall auftritt. Das passiert im Schnitt zwischen vier bis zwölf Stunden vorher. Es gibt ganz viele Theorien dazu, wie die Hunde das wahrnehmen. Aber bisher ist keine wissenschaftlich belegt. Es kann sein, dass sich der Geruch eines Menschen vor einem Anfall verändert, es kann sein, dass kleine Gesten sich verändern. Die Hunde zeigen das nachweislich zuverlässig an. Zusätzlich helfen die Hunde ihrem Besitzer während und nach dem Anfall. Dann gibt es Hunde, die darauf trainiert sind, während eines Anfalles zu reagieren. Da ist es so, dass der Hund den Mensch zum Beispiel in die stabile Seitenlage bringt. Er kann Hilfe holen. Oder der Hund hilft den Menschen, sich nach einem Anfall wieder zu orientieren.

Wie lange bilden Sie Hunde aus, damit sie das beherrschen?

Kersting: Zwei bis zweieinhalb Jahre. Hunde, die alarmieren, sind von Anfang an bei ihren Besitzern. Die Hunde, die direkt bei einem Anfall helfen, bilde ich bei mir aus. Da kann ich pro Jahr einen Hund ausbilden. Weil die Ausbildung zwei Jahre dauert, habe ich immer maximal zwei Hunde gleichzeitig.

Müssen Menschen mit Behinderung den Begleithund aus eigener Tasche zahlen, oder übernehmen das die Krankenkassen?

Kersting: Die Krankenkassen zahlen im Moment noch nichts. Es gibt aber ein aktuelles Gerichtsurteil aus Münster. Dort wurde eine Krankenkasse verpflichtet, einen Hund für eine Frau mit Epilepsie zu finanzieren. Allerdings ist das erstmal nur ein Einzelfallurteil. Nur der Blindenführhund wird bezahlt. Ich denke, da sollte eigentlich der Gleichstellungsgesetz für alle Menschen mit Behinderung greifen.


Info: Der Vortrag von Erik Kersting findet am 20. Juli im Kunstmuseum statt. Beginn der Veranstaltung ist um 19 Uhr (zuerst hatten wir fälschlicherweise 20 Uhr berichtet). Der Eintritt ist frei. Veranstalter ist die Selbsthilfegruppe Eltern epilepsiekranker Kinder in Kooperation mit der Volkshochschule.

Zur Person: Erik Kersting bildet seit 22 Jahren Servicehunde für Menschen mit Behinderung aus. Die Ausbildung absolvierte in Deutschland und den Niederlanden. Seit 1996 leitet Kersting mit seiner Frau Iris zusammen das Hundezentrum "Canis familiaris" im nordrhein-westfälischen Roetgen. Seit Dezember 2008 bin ist der Hundetrainer als Berater und seit 2015 zusätzlich als Dozent an der Veterinär Medizinischen Universität Wien tätig. Ende 2016 wurde eine wissenschaftliche Arbeit Kerstings über Anfallwarnhunde für Menschen mit Epilepsie für den Josef-Leibetseder-Preis nominiert.

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