Emmi Zeulner siegt gegen den Trend

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Sie war gegen 17.30 Uhr angekündigt. Doch um 18.15 Uhr ist sie immer noch nicht da. Emmi Zeulner, CSU-Direktkandidatin im Wahlkreis Kulmbach/Lichtenfels, macht es spannend. Am Ende verlässt sie das Landratsamt als Gewinnerin.

 
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Parteikollege Christian Meißner (CSU) ist vor ihr im Lichtenfelser Landratsamt, er kämpft um seine Wiederwahl als Landrat. Der Lichtenfelser Landrat traut Emmi Zeulner ein Ergebnis über 50 Prozent zu. Die Bundestagswahl wird als erstes ausgezählt, danach kommt erst die Landratswahl dran.

Schock nach der ersten Hochrechnung

Im Großen Sitzungssaal werden auf zwei Leinwänden die ersten Hochrechnungen übertragen. Die Zahlen sind ein Schock für die CSU-Vertreter: In Bayern schneidet die CSU demnach mit 38,5 Prozent ab, die AfD, der Angstgegner, erzielt 12,5 Prozent. Auf Bundesebene sind die Zahlen ähnlich: CDU/CSU sind bei 32,5 Prozent, die AfD bei 13,5 Prozent. Der Landrat und ehemalige Landtagsabgeordnete verlässt den Raum: Telefonat nach München? Die Stimmung der Männer und Frauen, die die Übertragung verfolgen, ist alles anders als euphorisch. Ein historisch schlechtes Ergebnis, das niedrigste seit 1949, zeichnet sich für die Schwarzen in Bayern ab.

Teures Verkehrsprojekt durchgeboxt

Kurz vor 18.30 Uhr trifft die 30-Jährige CSU-Spitzenkandidatin ein. Im blauen engen Kleid, mit Halstuch und blassem Gesicht wirkt die superschlanke Emmi Zeulner fast zerbrechlich. Dabei hat sie in den vergangenen vier Jahren doch gezeigt, wie hartnäckig sie sein kann im Verfolgen ihrer politischen Ziele und für die Bürger in ihrem Wahlkreis. Was schon keiner mehr für möglich gehalten hatte, hat die Lichtenfelserin geschafft: Den Baubeginn der Umgehung für Untersteinach, einem teuren Verkehrsprojekt, an das schon niemand mehr so recht glauben wollte. Bis die junge Politikerin kam, Tochter einer Gastwirtsfamilie, und sich in die Aufgabe Verkehrspolitik stürzte.

Nervöse Direktkandidatin

Am Sonntag des Wahlabends wirkt sie dennoch angespannt. Zwar zeigt sie im Gespräch mit anderen ihr offenes Lachen. Doch wenn sie sich unbeobachtet fühlt, schaut sie nachdenklich. Sie verschränkt die Arme vor der Brust, zupft sich ab und an am rechten Ohrläppchen. Nachdem die ersten Zahlen da sind, sagt Emmi Zeulner ohne Umschweife: „Wir können keinesfalls mit diesem Ergebnis zufrieden sein. Das muss jetzt schonungslos aufgearbeitet werden.“ Dass die AfD stark abschneiden würde, sei ihr klar gewesen. Die CSU sei wichtigen Themen hinterhergerannt und nicht vorangegangen. Als Horst Seehofer am Bildschirm verkündet, „dieses Ergebnis ist eine herbe Niederlage“, lehnt Emmi Zeulner an der Wand und sagt trocken und mit ernster Miene: „So iss’es.“

Zuversicht wächst

Aufatmen kann sie nach der Schnellmeldung aus Lichtenfels: Nach der Auszählung von elf Wahlbezirken von 148 liegt die Politikerin bei rund 66 Prozent der Erststimmen. In Kulmbach sind 22 von 280 Wahlbezirken ausgezählt und Emmi Zeulner bei rund 60 Prozent der Erststimmen. SPD und AfD sind weit abgeschlagen. Die Direktkandidatin und Nachfolgerin von Karl-Theodor zu Guttenberg im Wahlkreis bleibt zurückhaltend: „Schauen wir mal, wie’s ausgeht.“

Ähnlich gut wie vor vier Jahren

Zu Emmi Zeulner kommt ihr Lebensgefährte Jürgen Baumgärtner, CSU-Landtagsabgeordneter, er guckt weniger skeptisch. Es sieht gut aus für Emmi Zeulner, die um ihren Wiedereinzug ins Parlament wohl nicht fürchten muss. Gegen 19.30 Uhr liegen auch Stimmen aus Bamberg vor. Der Wahlkreis 240 umfasst 19 Wahlbezirke in Bamberg. Emmi Zeulner stemmt sich gegen den Trend und scheint auf ein ähnliches Ergebnis zu kommen wie vor vier Jahren.

"Katastrophales Ergebnis in Bayern"

„Das ist natürlich ganz positiv für mich und ein Vertrauensvorschuss für die nächsten vier Jahre“, sagt sie und dankt ihren Wähler und Wählerinnen. Über das allgemein schlechte Abschneiden der Union ist sie schwer enttäuscht. „Das Ergebnis ist schlecht, katastrophal.“ Sie selbst habe versucht, im Wahlkreis präsent zu sein und gute Arbeit zu machen. Dass sie in etwa wieder das Ergebnis von 2013 erzielt habe, sei nicht selbstverständlich. Auch künftig wolle sie sich für verkehrspolitische Projekte einsetzen und freue sich, dass nun auch die Umgehung für Kauerndorf gebaut werde. Aber genauso wichtig sei ihr die berufliche Situation der Pflegekräfte und der Fachkräftemangel.

"Dringend fällige Antworten geben"

Jürgen Baumgärtner blickt fast die ganze Zeit auf sein Smartphone. Das Abschneiden von Emmi Zeulner nennt er „überragend“. Es werde honoriert, wenn sich ein Politiker für die Region einsetze und in Berlin „nicht jeden Blödsinn mit abstimme“. Vor allem zeichne Emmi Zeulner „Fleiß und Geradlinigkeit“ aus und damit habe sie als Direktkandidatin überzeugt. Die CSU im Allgemeinen habe dies nicht, so Baumgärtner, und habe bei den Themen Zuwanderung, innere Sicherheit und Europapolitik versagt. „Hier gilt es, dringend fällige Antworten zu geben und sich durchzusetzen.“ Einen Regierungsauftrag könne er aus dem Ergebnis nicht ablesen. Baumgärtner ist überzeugt: „Wenn wir uns nicht gegen die CDU behaupten, dann sollten wir künftig nicht mehr mitregieren.“

Um Viertel nach Acht brechen die beiden in Richtung Altenkunstadt zur Wahlparty auf. Mit 55,4 Prozent der Erststimmen ist ihr der Weg nach Berlin zum zweiten Mal offen.

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