Auf die Baustelle des Amahoro-Stadions guckt von seinem Büro aus der stellvertretende Sportminister Zephanie Niyonkuru. „Es geht gut voran“, sagt er. Wenn das Stadion fertig ist, würde er hier gern Spiele des Afrika-Cups im Fußball oder auch einer Fußball-Weltmeisterschaft austragen. „Warum nicht als Mitveranstalter? Warum nicht auch Olympische Spiele? Wir investieren viel in den Sport, haben eine offene Visum-Politik und sind bereits Gastgeber der Basketball Africa League, die in Zusammenarbeit mit der NBA entstand“, erzählt er. Nächster Schritt ist die Rad-WM 2025.
Das Land attraktiv machen
Hintergrund der Sport-Initiative ist, das Land als Tourismus-Destination attraktiv zu machen. „Sport soll ein Katalysator sein, mehr Touristen in unser Land bringen und damit neue Arbeitsplätze schaffen“, betont Niyonkuru. Seit dem Sponsordeal mit dem FC Arsenal seien bereits 30 Prozent mehr Reisende aus Großbritannien gekommen. Von den Abkommen mit dem FC Bayern München und Paris Saint-Germain erhofft man sich ähnliche Steigerungen für deutsche und französische Touristen.
„Wer gedacht hatte, dass der FC Bayern den Sponsor aus Menschenrechtsgründen wechselt, der wurde jetzt hart enttäuscht“, sagte Wenzel Michalski, Deutschland-Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, nach der Abkehr der Münchner von der Fluggesellschaft Qatar Airways aus Katar hin zu „Visit Rwanda“ im vergangenen August. „Die Partnerschaft jetzt mit Ruanda ist auch eine ganz, ganz schlechte Wahl. Das ist ein Staat, in dem Menschenrechte mit Füßen getreten werden.“ Und auch in Ruanda gibt es reichlich Kritik.
Armes Land unterstützt reiche Clubs
„Das Geld sollte lieber direkt der Bevölkerung zugutekommen, in das Bildungswesen und die Landwirtschaft investiert werden, anstatt dass ein armes Land aus Afrika reiche Fußballclubs aus Europa finanzieren hilft“, sagt Victoire Ingabire, Oppositionspolitikerin und wegen ihrer politischen Aktivitäten zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Sportlerinnen und Sportler, die an internationalen Events in Ruanda teilnehmen, fordert sie auf, „sich dafür einzusetzen, dass Ruanda ein demokratisches Land wird, dass man hier seine Meinung ohne Einschränkungen ausdrücken kann – so wie auch bei ihnen zu Hause“.
Ingabire hat die leise Hoffnung, dass der Sport auch ein Katalysator für demokratische Prozesse sein kann: dann, wenn Sportler und Funktionäre, die zur Rad-WM kommen, oder auch die Fußballprofis der gesponserten Vereine, die an Werbetouren durchs Land teilnehmen, ihre Stimme erheben und sich für Freiheitsrechte einsetzen.
Früherer Teil von Deutsch-Ostafrika mit diktatorischer Regierung
Ex-Kolonie
Ruanda ist ein dicht bevölkerter Binnenstaat in Afrika und wird wegen seiner Landschaft auch „Land der tausend Hügel“ genannt. Er grenzt an Burundi, die Demokratische Republik Kongo, Uganda und Tansania. Von 1884 bis 1916 war Ruanda als Teil Deutsch-Ostafrikas eine deutsche Kolonie.
Völkermord
Konflikte zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi führten zu einem Bürgerkrieg (1990 bis 1994) sowie dem Völkermord 1994. Damals ermordeten radikale Hutu etwa 800 000 ethnische Tutsi sowie viele gemäßigte Hutu.
Wirtschaft
Seit dem Ende des Bürgerkrieges setzte ein wirtschaftlicher Wiederaufbauprozess ein, begünstigt durch die Ausbeutung von Rohstoffen in den östlichen Kongoprovinzen. Seit geraumer Zeit gehört Ruanda zu den afrikanischen Ländern mit dem stärksten Wirtschaftswachstum.
Politik
Seit 2000 regiert Paul Kagame als Präsident das Land diktatorisch. Das Regierungssystem steht international in der Kritik wegen der Manipulation von Wahlen, Unterdrückung der Opposition oder auch mangelnder Pressefreiheit.