Dieter Jenß wird 75 Der Chronist des Hummelgaus

Dieter Jenß in seiner Kommandozentrale: In seinem Arbeitszimmer schreibt er seine Berichte, bearbeitet seine Fotos. Nicht im Bild: Sein riesiges Archiv. Das Zimmer wird heute, an seinem 75. Geburtstag, ausnahmsweise verwaist sein. Foto: Ralf Münch

Er verfügt über ein großes Netzwerk, kennt jeden und jede Bürgerin des Hummelgaus: Dieter Jenß, seit Jahrzehnten freier Mitarbeiter des Nordbayerischen Kuriers, feiert am Samstag seinen 75. Geburtstag.

 
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Frankenhaag - Hast Du Zeit, kannst Du den Termin übernehmen? Niemandem sonst hat der Autor diese Frage so häufig gestellt wie „dem Dieter“. Und der hat ihn übernommen. Zumeist jedenfalls. Allenfalls wichtige familiäre Gründe (Heckenschneiden) oder eine Feier unter Freunden haben ihn abgehalten. Unzählige Kilometer im Dienst des Kuriers hat er absolviert, unzählige Artikel geschrieben und unzählige Fotos geschossen. Am Samstag feiert Dieter Jenß seinen 75. Geburtstag.

Im Bayreuther Krankenhaus 1946 geboren, begann er seine hoffentlich noch lange andauernde Lebenszeit gleich mit einer Zeremonie, auf die er heute noch stolz ist (und gleichzeitig sauer darüber, dass er sie nicht selbst im Bild festhalten konnte): Er wurde nämlich vom bis heute in Mistelgau verehrten Pfarrer Friedrich Seggel getauft, einem der wenigen Pfarrer, die sich offen gegen das Nazi-Regime stellten.

Ob in ihm durch dieses Ereignis der Keim gelegt wurde, sein Leben in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, lässt sich nur vermuten. Neben Schule und Ausbildung bei der Landesversicherungsanstalt (heute Deutsche Rentenversicherung) blieb viel Zeit scheinbar für ein Engagement in seinem Fußballverein, dem TSV Obernsees. In dem kleinen Dorf hatte sein Vater, ein waschechter Hamburger Jung, einen Lebensmittelladen übernommen, so dass die Familie, als Dieter ein Jahr alt war, dorthin umzog.

Die Kurzfassung des weiteren Lebensweges: Im Alter von 18 Jahren wird er Leiter der Jugendgruppe des TSV, sein Sprungbrett in den Vorstand des Kreisjugendrings. 1976 dann die Übernahme des Vorsitzes seines Vereins. Vier Jahre steht er an der Spitze, verdoppelt in der Zeit die Mitgliederzahl, baut Sportgelände und Tennisplätze. Und heiratet in seiner kurz bemessenen Freizeit zum ersten Mal. Die Zeit als Vorsitzender des TSV scheint unvergessen im Verein. Seine Verdienste und seine vielen Artikel über den Verein im Kurier führen dazu, dass er 2015 zum Ehrenmitglied ernannt wird. Entgegennehmen konnte er die Urkunde nicht, weil er, was nicht oft vorkam, im Urlaub weilte.

In dieser Zeit als TSV-Vorsitzender trifft Jenß nicht nur seine spätere Frau Brigitte, sondern auch auf Georg Birner, der als Vorsitzender den SV Mistelgau leitete. „Zwischen uns herrschte Kriegszustand“, erinnert sich Birner an die Konkurrenz zwischen beiden Vereinen. Erst als Birner in die Kommunalwahl ein- und später zum Bürgermeister aufsteigt, wird aus dem Verhältnis Freundschaft. „Der Dieter ist ein sehr loyaler und zuverlässiger Mensch“, sagt Birner, der nie einseitig berichtet habe, sondern immer neutral. Überhaupt die Pressearbeit: Das sei sein Ding überhaupt, betont Birner. „Ich hab mal zu ihm gesagt: Wenn Du aufhörst, stirbst Du. Der braucht das, vielleicht auch, weil er durch die Pressearbeit Bestätigung erfährt.“

Jenß hat nicht aufgehört. Was ihm eine weitere Auszeichnung eingebracht hat. Die Ehrenmedaille in Silber der Gemeinde Mistelgau. Für seine Verdienste um den TSV Obernsees, für seine sechsjährige Arbeit im Gemeinderat (nach der verlorenen Bürgermeisterwahl gegen Johann Feulner) und, wie der damalige Bürgermeister Birner in seiner Laudatio besonders hervorhob: „Für deine Leidenschaft Berichterstatter und Pressereporter.“

Die Corona-Pandemie hat ihn ausgebremst, die Termine sind überschaubar. Die Zahl von bis zu 600 Einsätze im Jahr wird er 2021 nicht erreichen. Langeweile? Nein, sagt Jenß lachend. Im Gegenteil: Endlich Zeit, das Büro aufzuräumen, Texte und Fotos, die in den Jahrzehnten angefallen sind, zu ordnen und zu digitalisieren.

Was ihn heute erwartet, weiß er nicht. Nur was nicht stattfinden wird: die Männerrunde, die seit Jahrzehnten immer am Geburtstags-Vormittag im Hause Jenß zusammenkommt. „Er ist ein treuer Freund, der nichts und niemanden vergisst“, sagt Werner Stahlmann, Freund von Kindesbeinen an. Und schon gar nicht, eine ausgefallene Feier nachzuholen. Denn feiern mag er gern, der Dieter, sagt Stahlmann. „Ist ja auch ein lustiger Kerl.“

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