Den Kurier-Bericht über Pläne des Freistaats, die Beteiligung des Bundes an den Festspielen zu kaufen, mochte gestern keiner der Beteiligten offen kommentieren. Peter Emmerich, Pressesprecher der Bayreuther Festspiele, erfuhr von den Absichten des Freistaats laut eigener Aussage aus der Zeitung. „Niemand weiß hier etwas davon“, sagte Emmerich dem Kurier.

„Das ist eine Entscheidung, die auf politischer Ebene getroffen werden muss.“ Allein: Bis es soweit wäre, würde viel Zeit vergehen, so Emmerich. „Das Thema Bayreuth ist und bleibt ein Politikum.“ Zumal ein Ausstieg des Bundes die schon erzielte Einigung bei der Sanierung des Festspielhauses – der Bund hatte zehn Millionen Euro zugesagt – wieder ins Wanken bringen würde, so Emmerich.

Georg von Waldenfels, dessen Mitteilung im Kuratorium der „Gesellschaft der Freunde von Bayreuth“ am Samstag den Stein ins Rollen gebracht hatte, distanzierte sich von jeglicher Einlassung zu diesem Thema. „Ich habe das nie gesagt“, so Waldenfels zum Kurier. Über den Stand der Diskussionen in den Gremien habe er gesprochen, über Pläne des Freistaats aber nicht. „Diese Frage ginge uns ja auch nichts an“, so Waldenfels. „Für unsere Arbeit als Mäzenaten würde sich im Falle des Falles ja auch wenig ändern.“ Viel wichtiger sei für die Gesellschaft der Freunde im Moment die Frage, wie sich die Sanierung des Festspielhauses finanzieren lasse.

Die Bundesrepublik gehört seit 1953 zu den Zuschussgebern der Bayreuther Festspiele. Ein Ausstieg des Bundes hätte weitreichende Folgen: Seit ihrer Gründung 1876 verstehen sich die Bayreuther Festspiele als Festival von nationaler Bedeutung. Ob – im Falle einer Übernahme – der Freistaat nur den 25-Prozent-Anteil des Bundes an der Festspiele GmbH aufkauft, der Bund aber weiterhin Zuschussgeber bleibt, oder ob der Freistaat auch diesen übernimmt und damit künftig nicht ein sondern zwei Drittel der Subventionen beisteuert, ist offen.

Die Bundesrepublik ist auch Trägerin des Richard-Wagner-Nationalarchivs und Mitträger der Richard-Wagner-Stiftung, damit also Miteigentümerin des Festspielhauses und Betreiberin des Richard-Wagner-Museums. Wie die von Seehofer angestrebte „gute Lösung“ aussehen könnte, ist unklar: Die Bitte um Stellungnahme ließ der Beauftrage für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt, Bernd Neumann, bis zum Abend unbeantwortet.

Kommentar:

Eine „überraschende Aktion irgendwann einmal“ hatte der Münchner Kunstminister Wolfgang Heubisch angekündigt, als er sich Anfang des Jahres wieder einmal öffentlich aufregte: über den angeblich trägen und pingeligen Mitgesellschafter in Berlin, der dem Freistaat Bayern das Durchregieren in den Festspiel-Gremien unmöglich mache. Jetzt könnte es soweit sein.

Der Wahlkampf ist – aus bundespolitischer Sicht – kein schlechter Zeitpunkt für einen solchen Schritt: Außerhalb Bayreuths gilt Wagner als gestrig und weltfremd – und die Festspiele als teures Hobby der Kanzlerin. Dass das nicht stimmt, ist schwer vermittelbar.

Und deshalb kann Bayreuth kaum etwas Schlimmeres passieren, als dass München und Berlin im Wahlkampf eilig Fakten schaffen. Was einmal beschlossen ist, ist beschlossen. Und was weg ist, ist weg.

Und wer jetzt so tut, als sei der Bund seit 1953 nur ein Klotz am Bein, muss sich fragen, ob es die Bayreuther Festspiele ohne ihn noch gäbe. Die Antwort ist eindeutig: Nein.

Florian Zinnecker

Foto: Kolb