Die Christsozialen laufen der FDP in Sachen Aufmerksamkeit den Rang ab CSU: Schlagzeilen noch vor der Klausur

Das ehemalige Kurhaus Wildbad Kreuth am Tegernsee. An diesem Ort treffen sich jedes Jahr im Januar Mitglieder der CSU zur Klausur-Tagung. Foto: dpa Foto: red

Eigentlich ist es nur eine Klausurtagung von 56 Bundestagsabgeordneten einer rein bayerischen Partei. Und sie beginnt am Mittwoch. Doch das Treffen der CSU-Landesgruppe hat bereits rund um den Jahreswechsel mal wieder so viele Schlagzeilen produziert, als kämen dort mindestens die Spitzen der Berliner Koalition zusammen, um wegweisende Beschlüsse für die Zukunft der Republik zu fassen.

 
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Festzuhalten ist auf jeden Fall: Im diesmal wieder kräftig verschneiten Wildbad Kreuth tagt von Mittwoch bis Freitag ein maßgeblicher Teil der Koalition – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Und wahr ist auch: Weil die FDP mit ihrem Dreikönigstreffen keine große Aufmerksamkeit mehr erregt, gehört die mediale Bühne zu Jahresanfang nun quasi allein der CSU.

Das nutzt die Partei aus: Diesmal sind es noch ein paar mehr Papiere als sonst, die sie sehr geschickt an verschiedene Medien lanciert, im täglichen Abstand. Viele davon enthalten zwar wenig bis gar nichts Neues – zumal der CSU-Parteitag vor nicht einmal vier Wochen viele Themen beackert und die CSU-Linie längst vorgegeben hat. Einiges hört sich in den Kreuther Papieren sogar wieder zurückhaltender an. Beispiel: Während der CSU-Parteitag noch gefordert hatte, die Verteidigungsausgaben „moderat“ zu erhöhen, heißt es im Kreuther Papier nur noch, eine Erhöhung dürfe „kein Tabu“ sein.

Ein, zwei Formulierungen reichen zum Provozieren

Aber: Mit ein, zwei Forderungen und Formulierungen schafft es die CSU auch dieses Jahr wieder, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Zwar enthält keines der Papiere derart platte Formulierungen wie im vergangenen Jahr, als der Slogan „Wer betrügt, der fliegt“ die Politik in Berlin und München in Wallung brachte. Wohl aber eine gezielte Provokation in der Asylpolitik.

Die Forderung nach Asyl-Schnellverfahren ist es, mit der die CSU seit Tagen im Rampenlicht steht. „Wer aus rein wirtschaftlichen Gründen das Recht auf Asyl als Einwanderungsrecht missbraucht, muss Deutschland zügig wieder verlassen“, steht in dem Papier für Kreuth unter anderem. Und weiter: „Die CSU-Landesgruppe setzt sich daher im Rahmen eines Modellprojektes für eine weitere Beschleunigung des Asylverfahrens durch eine gezieltere Verfahrensführung ein.“ Nun ist es längst Beschlusslage der Koalition, die Dauer der Asylverfahren zu verkürzen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht, man wolle sich „mit besonderem Vorrang für die Verkürzung der Bearbeitungsdauer bei den Asylverfahren“ einsetzen. Die Dauer bis zum Erstentscheid solle „drei Monate nicht übersteigen“, heißt es dort.

Der CSU schwebt aber nun offenbar – zumindest für vermeintlich klare Fälle – eine noch kürzere Frist von höchstens sechs Wochen vor. Genau das aber, gepaart mit der deutlichen Wortwahl, bringt der CSU die aktuelle Kritik ein.

Es wird sich zeigen, wie zukunftsfähig die Slogans und Forderungen sind

Auch der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, warnte zuletzt davor, Flüchtlinge in Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge einzuteilen. Eine genaue Trennlinie sei nie zu ziehen. Und der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagt in der „Süddeutschen Zeitung“: Wer Flüchtlinge, die vor Not und Elend fliehen, als „Wirtschaftsflüchtlinge“ beschimpfe, nur weil sie nicht ins enge Raster des politischen Asyls in Deutschland passten, der vergifte das politische Klima – auch das in der Koalition. Er wirft der CSU eine „Hardcore-Politik“ als Reaktion auf die AfD vor.

Die Halbwertszeit der Kreuther Forderungen wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Nach dem „Wer betrügt, der fliegt“-Slogan aus dem vergangenen Jahr brachte eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zutage, dass es den damals von der CSU behaupteten massenhaften Sozialleistungsmissbrauch von Zuwanderern überhaupt nicht gibt.

dpa

 

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