Ihm gelang im Groupama Stadion zwar der Balanceakt, auf der Lehne seines Klappstuhls zu sitzen, doch ging der Matchplan daneben. Die Nachteile der Doppelspitze mit Lea Schüller und Alexandra Popp waren für 30 267 Augenzeugen und 3,19 Millionen TV-Zuschauern in der ARD nicht zu übersehen: ständig lange Schläge aus der Abwehr, viel zu frühe Ballverluste, dazu der unbesetzte Zehner-Raum vor der Doppel-Sechs mit Lena Oberdorf und Sjoeke Nüsken. Nach Schüllers zu kurzer Kopfballabwehr jagte Kadidiatou Dani die Kugel ins Netz (41.), dann führte ein Ballverlust von Marina Hegering zu jener Situation, in der Oberdorf den von Sakina Karchaoui verwandelten Strafstoß verursachte (45.+4).
Popp schimpft
Kapitänin Popp hatte auf dem Platz lautstark über ihre Mitspielerin Oberdorf geschimpft: „Sie muss da nicht in die Grätsche gehen.“ Die 32-Jährige ärgerte sich ganz generell. „Die Konstanz fehlt grundsätzlich. Das begleitet uns seit Monaten. Es ist brutal ärgerlich, weil hier mehr drin gewesen wäre“, sagte Popp. Immerhin habe man „ein Stück weit Moral gezeigt“. Die deutlichsten Worte fand indes Giulia Gwinn, als die per Handelfmeter erfolgreiche Rechtsverteidigerin (82.) schonungslos den „Angsthasen-Fußball“ der ersten Hälfte ansprach.
„Wir haben erst in der zweiten Halbzeit das gemacht, was wir wollten“, gestand auch Hrubesch, der seinen missglückten Ansatz zur Pause sofort behob: Durch seine drei Wechsel, vor allem durch die aktive Sydney Lohmann und die erfahrene Sara Däbritz, und eine Umstellung auf das 4-2-3-1-System erspielten sich die Deutschen eine gewisse Überlegenheit, doch vom Selbstverständnis einer Topnation mit Titelambitionen ist dieses Ensemble ungefähr noch so weit entfernt wie Lyon von Heerenveen.