Thema Visa-Pflicht: Tricks

Von Detlef Drewes

Deutschland hat vor dem EU-Gericht nicht nur einfach Glück gehabt. Der Versuch der Klägerin, über den Trick mit der Dienstleistungsfreiheit ein Recht zu erzwingen, das innerhalb Europas an die volle Mitgliedschaft gebunden ist, durfte nicht gutgehen.

 
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Schon allein deshalb, weil offene Grenzen eine wertvolle Errungenschaft sind, die weitreichende Konsequenzen mit sich bringt. Das fängt beim Arbeitsmarkt an, reicht über das Sozialsystem und das Gesundheitswesen bis hin zu öffentlichen Dienstleistungen.

Die Hoffnung mancher türkischer Staatsangehöriger, dass ein Beitritt zur EU – sollte er tatsächlich irgendwann anstehen – auch automatisch offene Grenzen bedeutet, ist eine Illusion. Deutlicher noch als in Richtung Bulgarien und Rumänien werden sich die EU-Länder Rechte auf Abschottung ihrer Märkte sichern. Das hat wenig mit Isolation, aber viel mit der inneren Vorbereitung zu tun, die notwendig ist. Deshalb ist das Urteil nicht nur sachlich in Ordnung. Zugleich aber konfrontiert es die europäische Staatenfamilie mit einer nach wie vor ungelösten Frage. Tatsächlich hat die EU der Türkei schon 1963 einen Beitritt in Aussicht gestellt. Seit 2005 wird offiziell verhandelt. Erst vor wenigen Wochen hieß es, man wolle die brachliegenden Gespräche erneut in Gang bringen. 2014 galt damals als realistische Perspektive für eine endgültige Entscheidung. Davon kann keine Rede mehr sein.

Die Türkei und ihre Menschen sollten nach so langer Zeit einen Anspruch auf eine klare Antwort haben: Will Europa das Land an seinem Tisch haben oder nicht? Dann könnten solche juristischen Tricks und Kniffe, die Visafreiheit über eine Sonderregelung beim Binnenmarkt durchzusetzen, nämlich auch aufhören.