Der Münchner Fall-Analytiker Alexander Horn ist Zeuge im Ulvi-Prozess Fall Peggy: So ging der Profiler vor

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 Foto: red

Wie sind die Ermittler an den Fall der vermissten Peggy herangegangen? Der Münchner Profiler Alexander Horn (40) gab Einblicke in die Arbeit der Ermittler und zeigte, wie in ihren Augen Ulvi Kulac als Mörder immer wahrscheinlicher wurde. Der Profiler lieferte die Blaupause für die Ermittlungsarbeit in Lichtenberg.  Er stellte seine Vorgehensweise im Fall Peggy im Wiederaufnahme-Prozess vor dem Landgericht Bayreuth vor. 

 
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Seinen Beruf hat er beim FBI in Amerika gelernt: Alexander Horn ist Deutschlands bekanntester Fallanalytiker, ein Profiler. In schwierigen Fällen rufen ihn die Ermittler vor Ort, wenn sie nicht mehr weiterkommen. Peggy war ein solcher Fall. Am 7. Mai 2001 war die neunjährige Schülerin spurlos in Lichtenberg verschwunden. Ein Fall für die Spezialeinheit aus München, dem Kommissariat für Operative Fallanalyse. Schon zehn Tage nach Peggys Verschwinden war der Profiler aus München vor Ort. „Was könnte vorgefallen sein?“, fragten sich die Beamten bei einer Besprechung in Hof. Und: Wie sollten es weitergehen mit den Ermittlungen?

Für den erfahrenen Profiler gab es zunächst vier Möglichkeiten: War Peggy weggelaufen? „Eher  unwahrscheinlich bei dem Alter“, sagt Horn heute. Auch einen Unfall schloss er aus, weil mit zehn Tagen zu viel Zeit vergangen war. Ebensowenig kam eine Entführung oder eine Erpressung infrage. Einfach deswegen, weil es dafür keine Anzeichen gab. Weder ein Schreiben noch einen Anruf. Die letzte und traurigste Möglichkeit: „Ein Tötungsdelikt.“

Horn selbst war nicht an den Ermittlungen im Fall Peggy dabei. „Nur als Berater.“ In etwa 30 bis 50 Fällen pro Jahr berät er die Polizisten, gibt ihnen ein Schema an die Hand, das sie abarbeiten können. Seine wichtigste Hausaufgabe an die Ermittler der Sonderkommission: das Bewegungsbild zu klären. Was genau hat Peggy am Montag ihres Verschwindens gemacht? Welchen Personen ist sie begegnet? Was haben diese Personen gemacht? Welche Fahrzeuge sind wann und wo hingefahren?

Auch der Name Ulvi Kulac war zu diesem frühen Zeitpunkt bereits gefallen. „Weil er eine Bezugsperson war“, sagt Horn. Es sei darum gegangen, das „Opferumfeld aufzuhellen“. Horn: „Deshalb fiel der Name.“ Wenn fünf- bis zwölfjährige Kinder verschwänden, läge meist ein Sexualdelikt vor, sagte Horn. Dies zeigten Studien aller Fälle der vergangenen 30 Jahre. Meist stammen die Täter aus dem „Umfeld“ des Opfers. „Dass der völlig Fremde in einer völlig fremden Örtlichkeit ein Opfer sucht, ist die Ausnahmesituation.“ Für ein Sexualdelikt sprach auch, dass Peggys Verhalten sich seit zweieinhalb Wochen verändert hatte.

Und auch das lehrte die Erfahrung: Wenn Kinder Opfer eines Verbrechens würden, gebe es meistens „den Griff zum Hals“. Wenn die Kinder schreien, drücke ihnen der Täter den Hals zu. „Sehr typisch.“ Mit diesem Stand der Kenntnis ging Sonderkommission II an die Arbeit. Auch deren Leiter, Wolfgang Geier (60) hatte sich Rat bei dem Münchner Profiler Horn geholt. „Herr Geier wollte von mir das hören, was ich der Soko I gesagt habe“, sagte Horn. Geier wollte sich einen Überblick verschaffen, welche Empfehlungen Horn der Soko I gegeben hat. Und die Soko II hatte sehr schnell Ulvi als Täter im Visier.

Er hatte bereits im Bezirkskrankenhaus, wo er wegen Kindesmissbrauchs untergebracht war, gegenüber einem Mitpatienten schon von Peggys Leiche gesprochen. Und zweitens hatte er kein Alibi, das war die Erkenntnis aus dem Bewegungsprofil: Zwei Zeugen hatten ihn mitten im Ort kurz nach Schulende gesehen.

Dass Menschen die Opfer von Verbrechen auch Tage oder Wochen noch nach ihrem Tod sähen, ist für Profiler Horn auch ein typisches Merkmal. Einige Zeugen wollen Peggy noch lange nach ihrem Verschwinden gesehen haben: im Ort, in Pforzheim, in der Türkei. „Ein typisches Phänomen.“

 

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