Obwohl Behrendet schon im Ruhestand ist, hat er noch viele Details aus seinen Ermittlungen in Lichtenberg im Kopf, nachdem Peggy am 7. Mai 2001 verschwunden war. Und eine einzige „große Frage“ ist es, die ihn heute noch beschäftigt: „Lebt sie vielleicht doch noch?

Er war die Spur Nummer 2 – und er wurde später wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt: der geistig zurückgebliebene Ulvi Kulac (37). Ermittler Behrendt, der Ulvi 13 Mal vernommen hatte, konnte nach seinen Worten „gar nicht glauben“, dass Ulvi im Juli 2002, mehr als ein Jahr nach Peggys Verschwinden, den Mord an Peggy gestanden hatte. Fast ein Jahr hatte er mit seinen Ermittlern versucht herauszukriegen, was mit dem Mädchen passiert sein könnte. Am Ende der ersten Sonderkommission stand nur fest: „Wir wussten nicht, wer der Täter ist.“ Aber es habe viele Spuren gegeben, die zu „möglichen Tätern“ hinführen konnten. Diese hat Behrendt im Frühjahr 2002 dann an die Ermittler der zweiten Sonderkommission Peggy übergeben. Die war von Innenminister Günter Beckstein  (CSU) eingesetzt worden, „um die Sache zu überprüfen“.

Mit der Zeit wurde Behrendt immer „weniger gebraucht“. Er selbst, der Chef-Ermittler des ersten Jahres, war nur noch mit nebensächlichen Spuren beschäftigt, wie etwa ein Schulranzen, den Spaziergänger gefunden hatte.

Als Ulvi sein umstrittenes Geständnis widerrief, war Behrendt zusammen mit Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer dabei. „Alles Punkte, die sich festgebrannt haben in meinem Gedächtnis“, sagte Behrendt. Ulvi hatte ihm in den ersten Vernehmungen Missbräuche an den Kindern gestanden. Er hatte auch Behrendt gestanden, dass Peggy vor ihm ausgerissen war und gefallen war und geblutet hatte. Sein Fazit: „Er hatte das alles erlebt.“ Sonst hätte er das nicht chronologisch wiederholen können. Druck auf den Angeklagten, Folter gar, habe es nicht gegeben. Eine erzwungene Aussage hätte nichts genutzt – was gezählt habe, seien Fakten. Unter Zwang sei ein Geständnis völlig nutzlos. „Er lügt“, sagt ein Mann aus dem Publikum.

Auch Peter H., den ehemaligen V-Mann der Polizei, der Ulvi bei den Ermittlern angeschwärzt hatte, hält er im Nachhinein für glaubwürdig. Ulvi soll H. im Bezirkskrankenhaus die Vergewaltigung und indirekt die Tötung von Peggy gestanden haben.

Trotzdem hatte Behrendt Zweifel. Denn damals wollte ein Jugendlicher, Robert W., das Mädchen noch Stunden nach ihrem eigentlichen Verschwinden, im Ort gesehen haben. Die Ermittler hätten diesem Zeugen „einen sehr hohen Stellenwert“ eingeräumt, sagte Behrendt. „Wir glaubten, dass seine Angaben richtig sind.“ Man habe keine Zweifel daran, weil W. Peggy kannte, denn er war Schülerlotse. Allerdings stufte erst die zweite Sonderkommission die Angaben des Schülerlotsen als nicht glaubwürdig ein – und da war Behrendt nicht mehr zuständig.

Was den Ermittler auch stutzig machte beim Geständnis von Ulvi: Er gab an, dass das Wetter am Tag von Peggys Verschwinden schön war, er habe ein T-Shirt getragen. Allerdings sei das Wetter an diesem Tag sehr schlecht gewesen. Das war für Behrendt der Hinweis, dass die Tat nicht an diesem Tag begangen worden war. „Das heißt aber nicht, dass er nicht der Täter ist.“ Er hätte es auch zu einem anderen Tag begehen können.

Doch auch Behrendt muss zugeben: Außer dem Geständnis von Ulvi und den Angaben des ehemaligen V-Mannes gab es „keinerlei Sachbeweise“.

Und der Ermittler zweifelt bis heute am Urteil: „Das ist meine Meinung, ich weiß nicht, was mit ihr passiert ist.“

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