„Das kann dumm für Patienten ausgehen“ Bereitschaftsdienst: Fachärzte protestieren gegen Neuregelung

Von Frank Schmälzle
Arzt im Dienst: Ab April 2015 sollen auch Radiologen, Pathologen und Laborärzte Bereitschaftsdienste übernehmen. Dagegen wehren sie sich. Denn: Sie haben keine ausreichende Kenntnisse, um in Notfällen helfen zu können. Foto: Archiv Foto: red

Die Mehrheit der Bayreuther Ärzte will, dass ab April 2015 auch Pathologen, Radiologen und Laborärzte, die so gut wie nichts mit Notfallmedizin zu tun haben, Bereitschaftsdienste leisten. Sie sollen Patienten in Not helfen, wenn die Praxen geschlossen sind. Die, die neu zur Bereitschaft verpflichtet werden, protestieren. „Das kann für Patienten dumm ausgehen“, sagen sie. Und: Die Neuregelung sei unsinnig.

 
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Bei Dieter Schmieger kam der Protest der demnächst dienstverpflichteten Mediziner zuerst an. Der Bayreuther Arzt ist Obmann der Bereitschaftsdienstgruppe bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB). Er organisiert die Hilfe, teilt Mediziner für Bereitschaften ein, macht Dienstpläne. Und schrieb an die Bayreuther Ärzte: Er höre von Kollegen aus der Radiologie und Pathologie, dass die sich Sorgen machen. Weil sie „die Kenntnisse für den Bereitschaftsdienste nicht besitzen“.

Verständlich, meint Schmieger – und weist darauf hin: In Bayreuth ist die Lage anders als in Regionen, in denen Ärztemangel herrscht. „Wir sind aufgrund der großen Anzahl von Medizinern, die bisher Bereitschaftsdienst geleistet haben, in einer komfortablen Situation.“ Im Klartext: In Bayreuth gibt es genügend Ärzte, die während der Bereitschaftszeiten schnell und kompetent Hilfe leisten können. Nach Angaben der KVB sind Bayreuther Ärzte derzeit ein-, höchstens zweimal im Vierteljahr mit einem Bereitschaftsdienst dran.

Deshalb hat Schmieger bei den Ärzten nachgefragt: Soll in Bayreuth alles beim Alten bleiben? Sollen Radiologen, Pathologen und Laborärzte von dem Dienst befreit werden? Die Antwort: Nein. „Die Mehrheit ist dafür, dass auch diese Kollegen Dienste übernehmen.“

„Ich hätte größte Bedenken, wenn ich in einem Notfall weitreichende Entscheidungen treffen müsste"

Alexander Großmann hält nichts von der Neuregelung. Er ist Radiologe, einer von sechs Fachärzten in der Radiologie-Praxis im Dürerhof. Großmann teilt die Befürchtungen seiner Fachkollegen. „Ich hätte größte Bedenken, wenn ich in einem Notfall weitreichende Entscheidungen treffen müsste und dabei zur Allgemeinmedizin so gut wie keinen Bezug mehr habe. Woher soll ich den Überblick haben, welche Symptome ich wie ernst nehmen muss?“ Natürlich habe er in seinem Medizinstudium die Grundlagen mitbekommen – aber das gelte umgekehrt genauso: Auch Mediziner, die als praktische Ärzte arbeiten, hätten Grundkenntnisse in Radiologie. Deshalb verpflichte sie aber niemand, Leistungen von spezialisierten Radiologen zu erbringen.

Großmann denkt an die Patienten, die im Notfall Hilfe brauchen: „Ich weiß, wie fürchterlich es ist, wenn man das Gefühl hat, dass der Arzt keine Ahnung hat.“ In Wochenendkursen will die KVB Ärzte, die sich der neuen Aufgabe nicht gewachsen fühlen, auf den Bereitschaftsdienst vorbereiten. Für Großmann ein Unding. „Ich werde durch diese Kurse nie die handwerkliche Tiefe erreichen, die ich für eine saubere Entscheidung im Notfall brauche.“ Und er teilt die Befürchtungen anderer Fachärzte: Wenn sie vor Ort nicht helfen können, werden sie handeln müssen. Werden den Notarztwagen rufen oder den Patienten in ein Krankenhaus einweisen. Das werde richtig teuer für die Allgemeinheit.

Fachärzte wären mit neuer Regelung nicht überfordert

Peter Schmied glaubt nicht daran, dass sich die Fachärzte, die künftig Bereitschaftsdienst leisten müssen, tatsächlich Sorgen ums Geld machen. Er glaubt: Sie wollen unbequeme Dienste wegdiskutieren. Und er glaubt auch: Fachärzte werden mit der Bereitschaft nicht überfordert sein. „Was man dabei machen muss, entspricht dem, was ein Assistenzarzt im ersten Berufsjahr tut“, sagt der Internist und regionale Vorstandsbeauftragte für die Fachärzte bei der KVB. Jeder Arzt müsse in der Lage sein, bei einem Notfall zu helfen. Denn Notfälle kommen auch in Praxen vor. Zudem sei ein Bereitschaftsarzt nicht auf sich allein gestellt: Wenn er nicht helfen kann, hilft der Notarzt oder eine Einweisung in ein Krankenhaus.

Die Lösung des Problems? Die wird es in Bayreuth wohl auf Umwegen geben. Im Klinikum Bayreuth laufen derzeit Gespräche, ob Mediziner, die tagtäglich Patienten behandeln, die Bereitschaftsdienste der Pathologen übernehmen können. Und Radiologen wie Alexander Großmann denken darüber nach, „ob wir Kollegen finden, die diese Dienste für uns übernehmen. Die müssen wir dann aus eigener Tasche bezahlen.“

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