Corona-Proteste Rechte unterwandern Demos

Jürgen Umlauft
Die bayerische Polizei ist mit großen Aufgeboten bei den sogenannten „Spaziergängen“ von Gegnern der Corona-Politik vor Ort. Foto: picture alliance/dpa/Peter Kneffel

Die Proteste von Gegnern der Corona-Maßnahmen nehmen weiter zu. Vor allem Gruppen aus dem rechtsextremen Spektrum bereiten Innenminister Herrmann Sorgen.

 
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München - Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat im Landtag ein konsequentes Vorgehen der Polizei bei Rechtsverstößen im Rahmen der „Spaziergänge“ gegen die Corona-Maßnahmen angekündigt. „Es kann, darf und soll demonstriert werden, es müssen sich aber alle an die Regeln halten“, sagte er vor dem Innenausschuss. Herrmann betonte, dass alle Versammlungen unter freiem Himmel nach geltender Gesetzeslage angemeldet werden müssten. Dazu zählten nach mehreren höchstrichterlichen Entscheidungen auch die „Spaziergänge“. Ziel von Staatsregierung und Sicherheitsorganen sei die „Rückkehr zu einem regelkonformen und ordnungsgemäßen Versammlungsgeschehen“. Die Polizei werde dabei „versammlungsfreundlich“ vorgehen, aber auch „Härte zeigen, wo das geboten ist“.

Nach Angaben Herrmanns verläuft die Mehrzahl der Versammlungen gegen die Corona-Maßnahmen friedlich und unter Einhaltung der Vorgaben. Es gebe aber auch immer wieder „provokatives und grobes Missachten“ der Infektionsschutzbestimmungen wie Maskenpflicht und Mindestabstände sowie „aggressives Auftreten“ von Teilnehmern samt Übergriffen auf Polizeibeamte. Wenn solche Verstöße absehbar seien, müssten die örtlichen Genehmigungsbehörden nicht tatenlos zusehen, bis etwas passiere, sondern könnten bei einer „begründeten Gefahrenprognose“ per Allgemeinverfügung Versammlungen untersagen oder Auflagen für die Durchführung erlassen. Dies werde auch von den Gerichten so gesehen. „Ein bayernweites Verbot wäre dagegen rechtlich nicht haltbar und ist auch nicht vorgesehen“, betonte Herrmann.

Das Teilnehmerfeld der „Spaziergänger“ sei „höchst heterogen“, der weit überwiegende Teil stamme jedoch aus dem bürgerlichen Spektrum. Probleme gebe es in einigen Fällen mit „aggressiven Querdenkern“ sowie Agitatoren aus der „Reichsbürger“-Szene und dem rechtsextremen Milieu, die zunehmend „auf das Protestgeschehen aufspringen“, sagte Herrmann. Der Verfassungsschutz habe auf diese ein „wachsames Auge“ geworfen. Ausweislich der „Sonderauswertung Corona“ gab es bei den bayernweit bisher gut 1000 Versammlungen mit Corona-Bezug – drei Viertel davon waren nicht angemeldet – 68 mit nachgewiesener Beteiligung von Rechtsextremisten und „Reichsbürgern“. Besonders aktiv seien dabei die Partei „Der III. Weg“ sowie neuerdings das in Nordbayern tätige „Kollektiv Zukunft schaffen und Heimat schützen“. Diese riefen über den Messenger-Dienst „Telegram“ zu nicht angemeldeten Veranstaltungen auf und suchten verdeckt Anschluss an das bürgerliche Spektrum.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze begrüßte die klare Haltung Herrmanns. Man stehe für Demonstrationsfreiheit auch in der Pandemie, doch müssten die Veranstaltungen friedlich und ohne Waffen ablaufen. Dass es zu bewusst provozierten Rechtsverstößen komme und es Tendenzen einer Unterwanderung durch Rechtsextreme gebe, sei „besorgniserregend“.

Stefan Schuster (SPD) beklagte das zum Teil ungleiche Vorgehen der Polizei. Während die unangemeldeten und oft von Auflagenverstößen begleiteten „Spaziergänge“ geduldet würden, werde gegen angemeldete Gegendemonstranten immer wieder kompromisslos eingeschritten. Der AfD-Abgeordnete Richard Graupner appellierte an die Genehmigungsbehörden, beim Verfassen ihrer Allgemeinverfügungen Augenmaß walten zu lassen, um das Versammlungsrecht zu wahren.

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