Cannabis ab März auf Rezept

Von Peter Engelbrecht
Schwer kranke Patienten mit Schmerzen können ab dem 1. März Cannabis auf Rezept erhalten, unser Foto zeigt Cannabis-Extrakt. Foto: Swen Pförtner/dpa/Archiv Foto: red

Patienten, die schwer krank sind und unter Schmerzen leiden, können ab dem 1. März Cannabis-Arzneimittel auf Rezept erhalten. Die Kosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Hausärzte sind von der Neuerung kaum betroffen. Zudem gelten strenge Auflagen für die Herausgabe der Medikamente in Apotheken.

 
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Vor dem Erhalt von Cannabis-Arzneimittel auf Rezept müssen nach Angaben der Bundesregierung andere therapeutische Möglichkeiten ausgeschöpft sein. Oder der behandelnde Arzt entscheide im Einzelfall. Zudem dürften diese Mittel nur verordnet werden, wenn die Einnahme die Symptome oder den Krankheitsverlaufs voraussichtlich verbessert. Der Eigenanbau von Cannabis und seine Verwendung als Rauschgift bleibe verboten.

Hausärzte nicht betroffen

Hausärzte seien von der Verschreibung der Cannabis-Arzneimittel primär nicht betroffen, sagt die Bezirksvorsitzende des Hausärzteverbandes, Petra Reis-Berkowicz aus Gefrees. Diese Medikamente würden vorwiegend von Neurologen und Neurochirurgen verordnet. Falls der Facharzt im Urlaub oder schwer erreichbar sei, könnten auch Hausärzte diese Medikamente nachverordnen.   

Monika Pötzl von der Apotheke im Rotmain-Center in Bayreuth rechnet mit einem leichten Anstieg bei der Nachfrage nach Cannabis-Arznei. „Das ist ein sehr kleiner Kundenkreis“, sagt die Apothekerin. Die Auflagen seien nach wie vor sehr hoch. Die Medikamente könnten vom Arzt als Blütenextrakt, ölige Tropfen oder Kapseln verordnet werden; sie würden selbst in der Apotheke hergestellt. In den vergangenen Jahren habe es nur zwei bis drei entsprechende Verordnungen gegeben.   

Oberärztin rechnet mit einem regelrechten Run

Seit Cannabis auf Rezept in die öffentliche Diskussion gekommen ist, steigen die Nachfragen der Patienten der Palliativstation des Klinikums Bayreuth stark an, berichtet Oberärztin Susanne Dietze. „Wenn das Gesetz, das die Erstattung durch die Krankenversicherungen regelt, in den nächsten Wochen praktisch umgesetzt wird, rechne ich mit einem regelrechten Run.“ Schon in der Vergangenheit hat das Ärzteteam der Palliativstation Patienten Cannabispräparate verschrieben. Allerdings immer nur dann, wenn andere Medikamente keine oder keine zufriedenstellende Wirkung mehr zeigten. „Cannabis ist ein Reservepräparat“, sagt Dietze. „Und daran wird sich in unserer täglichen Praxis auch in Zukunft nichts ändern.“ Denn Cannabispräparate wirken nicht nur bei speziellen, genau definierten Krankheitsbildern. Sie haben auch Nebenwirkungen: Schwindel, Herzrasen und niedriger Blutdruck gehören dazu.

Ein weiterer Punkt, der zum verantwortungsvollen Umgang mahnt: „Ja“, sagt die Oberärztin, „Cannabispräparate, die wir verschreiben, machen in geringem Maß psychisch abhängig.“ Auf der Palliativstation des Klinikums erhalten Patienten Cannabis tröpfchenweise und als ölige Lösung zum Einnehmen. Diese Darreichung macht weniger abhängig als das Rauchen von Cannabis. Bislang mussten Patienten dafür selbst bezahlen. Zwischen 300 und 600 Euro kostete das Präparat, das je nach Dosierung bis zu sechs Wochen ausreichte. Im vergangenen Jahr haben davon 40 Patienten Gebrauch gemacht. Die ölige Cannabis-Lösung wird in der krankenhauseigenen Apotheke hergestellt.

Hilft gegen Übelkeit und Appetitlosigkeit

Wenn kein anderes Präparat mehr wirkt, kann Cannabis gegen Übelkeit und Appetitlosigkeit helfen. „Und es wirkt schwach schmerzlindernd“, sagt Dietze. Zu den Patienten, denen Cannabis als Reservepräparat helfen kann, gehören unter anderem Menschen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sie sind häufig stark abgemagert und leiden aufgrund ihrer Erkrankung unter Übelkeit und Appetitlosigkeit. Wie vielen Patienten der Palliativstation sie Cannabis künftig empfehlen würde? „Das ist schwer zu sagen“, sagt Dietze. „Das hängt in erster Linie von den Patienten und ihren Krankheitsbildern ab.“ Ihre Schätzung: Zehn Prozent der Patienten kommen wohl in Frage. Im vergangenen Jahr hat die Palliativstation etwa 600 Patienten begleitet, betreut und behandelt.

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